Bundestagsabstimmung am 6.11. – letzter Aufruf
Für den 6. 11. steht nunmehr auf der Tagesordnung des Bundestages: Von 9 15 Uhr wird über das geplante Verbot der (bisher erlaubten) Unterstützung eines freigewählten Todes entschieden (PHOENIX wird die Debatte übertragen). Die Schlacht, zwar noch im Gange, scheint für die Gegner eines solchen Suizidhilfe-Gesetzes schon so gut wie verloren, wenngleich sie gute Argumente haben: Denn wer die Logik der Selbstbestimmungsidee zu Ende denkt, darf den ernsthaft erwogenen Suizid nicht tabuisieren und die (organisierten, d.h. fachkundigen, i.d.R ärztlichen) Helfer eines sterbewilligen Patienten nicht ins Gefängnis bringen wollen.
Unter den Abgeordneten zuletzt mehr Nachdenklichkeit – aber sie braucht dringend noch Ermutigung
Mittlerweile erntet Bundesärztekammerpräsident Frank Ulrich Montgomery – mit seinem autoritär-konservativen Stil – weithin Kopfschütteln wegen verbaler Ausfälle wie etwa gegen vermeintliche Euthanasiebestrebungen und Dammbrüche. Stattdessen befürchten Krebs- und Palliativärzte, durch das neue Gesetz schon “mit einem Bein im Gefängnis” zu stehen. Es wird vor katastrophalen Kollateralschäden auch für die reguläre Versorgung ihrer todkranken Patienten gewarnt.
Allgemein geht die Diskussion unter Ärzten zunehmend in eine differenzierte Richtung, dass nämlich die Orientierung am Sterbewunsch eines schwerleidenden Menschen nicht gegen die Palliativ- und Hospizversorgung ausgespielt werden darf. Nur die Kirchen und der Deutsche Hospiz- und Palliativverband (DHPV) behaupten heute noch das Gegenteil, nämlich deren absolute Unvereinbarkeit sie fordern und unterstützen einen neuen Strafrechtsparagraphen 217 gegen die Suizidhilfe und stattdessen den Ausbau der Sterbebegleitung.
Doch tut ein Staat gut daran, in diesem sensiblen Grenzgebiet zur Keule des Strafrechts zu greifen? Dabei sind Nachdenklichkeit und Unsicherheit bei vielen Bundestagsabgeordneten zuletzt eher gewachsen. Genau das macht der Humanistischen Verbandes Deutschlands zum Ausgangspunkt seines Appells. Online wird Bürger/innen die Möglichkeit geboten, vor allem die noch Unentschlossenen unter den Abgeordneten zu ermuntern, zu allen vier vorliegenden Gesetzentwürfen NEIN zu sagen. (Es sollte schon ein NEIN sein, da die bloße Nicht-Zustimmung durch Enthaltung keine Wirkung auf das Endergebnis hat.)
Auszug aus dem Aufruf, der online an alle Abgeordneten weitergeleitet werden kann:
Sehr geehrte Frau Abgeordnete, sehr geehrter Herr Abgeordneter,
die meisten Mitglieder des Deutschen Bundestages sind derzeit unsicher und hegen berechtigte Zweifel, welcher der Anträge bei der für die erste Novemberwoche geplanten Abstimmung zur Suizidbeihilfe denn zu unterstützen wäre. Wenn auch Sie dazu gehören, möchte ich Sie bitten und ermutigen: Stimmen Sie viermal mit Nein!
Persönlich mache ich mir mit vielen anderen Menschen große Sorgen, dass wir durch eine restriktive Neuregelung gezwungen werden könnten, zukünftig bis zum bitteren Ende unseres Lebens aushalten zu müssen. Dabei nimmt nur eine verschwindende Minderheit (derzeit sollen es kaum mehr als 0,025 Prozent (!) der jährlich Verstorbenen sein) zum humanen Sterben tatsächlich eine Bereitstellung von tödlich wirkenden Medikamenten in Anspruch. Die allermeisten Menschen beruhigt allein die Möglichkeit, entsprechende Hilfe bekommen zu können (!) und natürlich vor allem die vorgesehene Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung.
Aber durch eine restriktive Einschränkung betroffen wären auch eine palliativmedizinische Betäubung (Sedierung) mit von Schwerstleidenden ausdrücklich gewünschter Sterbeverkürzung oder auch ein bewusster Verzicht auf Nahrung mit dem Ziel, den eigenen Tod herbeizuführen. So manche Errungenschaft im Sinne des Wohls und des Willens von Patienten könnte juristisch in die Nähe der Unterstützung einer suizidalen Handlung gerückt werden. Bitte beugen Sie sich nicht dem Druck eines einmal in Gang gesetzten, vermeintlich unabdingbaren, Gesetzgebungsverfahrens!
Hier kann dieser Aufruf durch Eingabe der eigenen E-Mail unterstützt werden:
http://www.mein-ende-gehoert-mir.de/appell2015/