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SPD Hoffnungsträger für Suizidhilfe-Befürworter? Überraschendes vom Bundesjustizminister

15. Dez 2013

 I N H A L T:

1) Union im Koalitionsvertrag mit Forderung nach Suizidhilfe-Verbot gescheitert

2) Humanistischer Verband appellierte an Vertreter/innen der SPD – für realitätsgerechte Vision von Gesundheitspolitik

3) Mitwirkung ist Trumpf – Möglichkeit der Unterstützung, um sich einzumischen

4) ÜBERRASCHUNG zum Schluss: Wie sich der neue Bundesjustizminister Heiko Maas früher auch für “aktive” Sterbehilfe ausgesprochen hat

 

1) Union im Koalitionsvertrag mit Forderung nach Suizidhilfe-Verbot gescheitert

Im Vorfeld der schwarz-roten Regierungsbildung hatten CDU und CSU wieder versucht, ein Gesetz zum Verbot organisierter und geschäftsmäßiger Suizidhilfe durchzusetzen. Der CDU-Rechtspolitiker Günter Krings stellte am 15. November gegenüber dem Evangelischen Pressedienst ausdrücklich klar, dass die neue Strafbarkeit dann auch den ärztlich assistierten Suizid erfasst. siehe epd-suizidbeihilfe-im-koalitionsvertrag

Krings wollte als Mitglied der AG Innen und Justiz das Vorhaben im Koalitionsvertrag festschreiben lassen. Aber die Sozialdemokraten haben das Ansinnen zurückgewiesen. Diese Entwicklung hält sich nun zumindest zum Teil der Humanistische Verband Deutschland (HVD) zugute (sich selbst damit vielleicht etwas zu sehr überschätzend): Magazin diesseits.de/perspektiven/nachrichten/deutschland/1386025200/selbstbestimmung-am-lebensende-koalition-verspricht

 

2) Humanistischer Verband appellierte an Vertreter/innen der SPD

Der HVD-Präsident Prof. Frieder-Otto Wolf hatte zusammen mit Gita Neumann, der Leiterin der Zentralstelle Patientenverfügung Ende Oktober einen schriftlichen Appell an alle SPD-Teilnehmer(inne)n der erweiterten Koalitionsgespräche gerichtet. Unter den ca. 100 Adressaten waren aus der Führungsriege u. a. Sigmar Gabriel, Hannelore Kraft, Frank-Walter Steinmeier, Olaf Scholz, Thorsten Schäfer-Gümbel und Heiko Maas.(zu letzterem s.u.)

In dem Scheiben vom Humanistischen Verband Deutschlands vom 28. 10. hieß es:

>> wir wenden uns an Sie als Mitglied der Gruppe von Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, die die Verhandlungen zur Bildung einer neuen Bundesregierung führt.

Im Dezember 2012 beauftragte ein Parteitagsbeschluss die CDU, ein Gesetz zum Verbot gewerbsmäßiger, organisierter bzw. geschäftsmäßiger Suizidhilfe anzustreben. Wir haben deshalb die große Sorge, dass die Union dieses Thema in einen künftigen Koalitionsvertrag aufnehmen möchte.

 Wir bitten Sie, sich unbedingt dafür einzusetzen, dass kein erneuter Versuch unternommen wird, hier eine Verschärfung der geltenden Gesetzeslage umzusetzen. Die Suizidhilfe ist ein Aspekt in einer viel größeren Gesamtproblematik zur Frage, wie und ob die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land auf ein selbstbestimmtes und würdiges Lebensende vertrauen können. Wenn der Deutsche Bundestag sich mit vergleichbarer Ernsthaftigkeit dem Thema Suizidhilfe zu widmen beabsichtigte, würden wir das gerne unterstützen. <<

 

Einen Antwortbrief erhielt der Humanistische Verband Deutschlands vom SPD-Fraktionsvorsitzenden im Hessischen Landtag, Thorsten Schäfer-Gümbel. Hier ein Auszug:

 >> vielen Dank für Ihr Schreiben vom 28. Oktober 2013. Wie Sie sicherlich schon festgestellt haben, enthält der Koalitionsvertrag nicht die von Ihnen befürchtete Regelung. Wir haben uns darauf verständigt, lediglich das Bekenntnis zu verankern, dass zu einer humanen Gesellschaft das Sterben in Würde gehört. Ich brauche Ihnen sicher nicht zu erklären, dass ein rechtlicher Rahmen für Suizidhilfe ein heißes Eisen ist. Wie wir hier Rechtssicherheit und Selbstbestimmung tatsächlich wirksam sicherstellen können, kann ich derzeit noch nicht absehen. Sie haben Recht, dass wir dazu noch intensiv diskutieren müssen. <<

Erheblich dürfte die Reaktion des designierten SPD-Bundestags-Fraktionsvorsitzenden Thomas Oppermann sein. Er sagte zum Widerstand der Partei gegen die Forderung von CDU/CSU nach einer entsprechenden Vereinbarung, dass es bei der gesetzlichen Regelung der Suizidhilfe klar um eine Gewissensentscheidung geht. Sein Vorschlag: Wir haben im Parlament gute Erfahrungen in ähnlichen Fällen gemacht, hier das Instrument der Gruppenanträge zu nutzen.

Für eine ernsthafte Auseinandersetzung und realitätsgerechte Vision von Gesundheitspolitik

Dementsprechend erfreut zeigte sich nun auch Gita Neumann vom Humanistischen Verband Deutschlands (HVD).  Sie sei erleichtert, dass die ideologisch bedingte und unreflektierte Unions-Forderung zu einem weitestgehenden Verbot der Suizidhilfe im Koalitionsvertrag fehle. Denn es handele es sich bei Fragen zur Selbstbestimmung am Lebensende um eine hochsensible ethische Regelungsproblematik.

Die Kurzformulierung im Koalitionsvertrag, man wolle Hospize weiter unterstützen und die Palliativversorgung ausbauen (siehe vorigen Patientenverfügung-newsletter) beurteilte Neumann allerdings als viel zu kurz gegriffen. Es handelte sich um eine typische Sonntagsrede, die zudem allenfalls für schwerstkranke Krebspatienten bei einem kurz bevorstehenden Tod hilfreich wirken könnte. Palliativmedizin und hospizliche Grundideen “der Patientennähe, Bedürfnisorientiertheit, Kommunikation und Multiprofessionalität”, so Neumann weiter, “müssten in das gesamte Gesundheitswesen eingebracht werden, statt ein paar mehr Stationen für Sterbende in die Welt zu setzen.” Wenn die Politik ein würdiges Lebensende wirklich fördern wolle, müsse es ein maßgebliches Ziel sein, dass die Pflegeheime generell hospizlichen Charakter annehmen und dass die schmerz- und beschwerdelindernde Medizin allen Bedürftigen zugänglich gemacht wird, vor allem auch chronisch kranken und alten Menschen.

Quelle: www.diesseits.de/perspektiven/selbstbestimmung-am-lebensende-koalition-verspricht

 

3) Mitwirkung ist Trumpf – Möglichkeit der Unterstützung, um sich einzumischen

Vom Tisch ist das Thema längst nicht. Das Regierungsprogramm der CDU für die nächste Legislaturperiode, das auf dem Parteitag vor einem Jahr in Hannover beschlossen wurde, spricht sich klar dafür aus, dass die gewerbsmäßige und organisierte Hilfe zur Selbsttötung künftig unter Strafe gestellt wird.

Die Union zielt damit nicht nur auf das Aus für den Verein SuizidhilfeDeutschland, der todkranken und leidenden Menschen seine Unterstützung bei einem selbstbestimmten Lebensende anbietet. Auch die Ärzte, die nur mehr als einmal einem Sterbenden die erforderlichen Mittel überlassen, würden schon als geschäftsmäßig Handelnde gelten können und eine Gefängnisstrafe riskieren.

Der Humanistische Verband Deutschland hatte vor genau einem Jahr ebenfalls die alte Koalition vor unüberlegten Schnellschüssen gewarnt ein Gesetzentwurf der schwarz-gelben Regierung sollte quasi ohne mündliche Debatte und ohne Gegenentwurf Anfang 2013 durchgewunken werden. Er wurde dann allerdings sang- und klanglos auf Eis gelegt. Die Zentralstelle Patientenverfügung des HVD ist mit ihrer Fachkompetenz in diesen Fragen federführend im humanistischen Spektrum. Doch entstehen bei politischer Lobbyarbeit bei freiwilligem Engagement, aller Sparsamkeit und kostenfreiem Einsatz von Kraft und Zeit – auch reelle Kosten. Im November 2012 war eine spontane 10.000 Euro Zuwendung eingegangen und vom Spender an einen bestimmten Zweck gebunden: Allen Bundestagsabgeordneten sollte das Aufklärungsbuch Suizidhilfe als Herausforderung (2012) zukommen, in dem betroffene Menschen (Patienten mit ihren Angehörige und v.a. auch ihre Ärzte) zu Wort kommen.

Dies geschah dann auch noch kurz vor der parlamentarischen Weihnachtspause 2012, nachdem die Zentralstelle Patientenverfügung durch die Spende kurzfristig eine Neuauflage des Buches finanzieren konnte (Portokosten wurden eingespart, indem die 630 Umschläge an die Poststelle des Deutschen Bundestages gebracht wurden).

Der Patientenverfügung-newsletter möchte auf die zukünftige Möglichkeit der Förderung und Unterstützung durch eine Spende hinweisen.

Werden Sie registrierter Förderer und Sie profitieren auch ganz persönlich!

Dann werden Ihnen bei Patientenverfügungen und humanem Sterben Hilfe, Schutz und Rat von fachkompetenten Mitarbeiter/innen angeboten:

 https://www.patientenverfuegung.de/meine-spendemein-foerder-beitrag

Über Aktivitäten werden Sie über diesen Patientenverfügung-newsletter auf dem Laufenden gehalten den Sie auch unterstützen können, indem Sie Interessenten in Ihrem Umfeld darauf hinweisen.

Wir möchten Ihnen dafür herzlich danken.

Wir wünschen Ihnen eine nicht allzu geschäftige Adventszeit und schon heute schöne, Ihnen gemäße Weihnachtsfeiertage ob im humanistischen, religiösen, familiären oder sonstigen Sinne.


4) ÜBERRASCHUNG zum Schluss: Wie sich der neue Bundesjustizminister Heiko Maas früher auch für “aktive” Sterbehilfe ausgesprochen hat

Der langjährige Chef und Hoffnungsträger der saarländischer SPD und neue Bundesjustizminister Heiko Maas hatte 2005 (als 39 Jähriger) für eine aktive Sterbehilfe in engen Grenzen geworben. Sie sei unter Berücksichtigung sowohl von humanistischen wie religiösen Gesichtspunkten ethisch vertretbar:

>>Ich meine, daß aktive Sterbehilfe etwa todkranken Menschen ein qualvolles, langsames Sterben ersparen kann. Viele Bürger haben mir in den letzten Jahren geschrieben, sehr emotional vom Leiden ihrer Angehöriger berichtet und für aktive Sterbehilfe plädiert. Das hat mich tief berührt und dazu geführt, daß ich meine Position in dieser Frage so festgelegt habe. Für mich ist aktive Sterbehilfe aber nur vorstellbar, wenn eine freie Willenserklärung des Patienten vorliegt und ein menschenwürdiges Weiterleben des Patienten nicht mehr möglich ist. Das ist ein schmaler Grat. Aber wir müssen dies diskutieren und versuchen, bei aller Schwierigkeit einen rechtlichen Rahmen zu schaffen – unter ethischen, medizinischen, humanistischen und religiösen Gesichtspunkten. Die Menschen haben ein Recht darauf, daß ihnen bei Krankheiten optimal medizinisch geholfen wird. Sie haben in Extremsituationen aber auch ein Recht auf einen würdevollen Tod. Für mich steht fest: Ich möchte im Fall des Falles dieses Recht für mich in Anspruch nehmen können. Deshalb werbe ich für diese Möglichkeit. In engen Grenzen. Dritte dürfen niemals über Leben und Tod entscheiden. Eine bei klarem Verstand und nach bestem Gewissen verfaßte Patientenverfügung ist Voraussetzung.<<

Quelle: http://www.welt.de/print-welt/article175878/Heiko-Maas-39-Chef-der-Saar-SPD.html

(Der Fairness halber sei hinzugefügt: Diesen fast schon historischen Quellen-Hinweis verdanken wir der aktuellen Seite http://www.sterbehilfedeutschland.de/sterbehilfe_1659__Aktuelles.htm und wären von allein wohl kaum darauf gestoßen)