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DGHS-Preis an Prof. Hans Küng verliehen – Empirisches und Spirituelles

18. Nov 2013

I N H A L T :

  1. Empirische Studie bestätigt Scheinsicherheit bei PVen Einladung zu Workshop

  2. DGHS verleiht Preis an Prof. Küng spirituell-christliche Sterbetherapeutin Renz kritisiert ihn

 

1. Intensivmediziner: Patientenverfügungen in den seltesten Fällen brauchbar

Eine empirische Studie aus Sachsen-Anhalt hat Intensivmediziner nach ihren Erfahrungen im Umgang mit Patientenverfügungen (PVen) befragt. Die Studie bestätigt zahlreiche Probleme der Qualität und Umsetzung in entsprechenden Situationen und kommt zu den Ergebnissen:

  • Pauschale Vordrucke sind bei schwierigen Entscheidungen unbrauchbar.

  • Auch Textbausteine bilden die konkrete Situation nicht ab.

  • Es besteht Unkenntnis über die medizinische Praxis und die Vorgänge auf Intensivstationen

  • Fehlendes medizinisches Fachwissen führt oft zu falschen Einschätzungen und Erwartungen.

  • Es gibt kaum Differenzierungen v. a. zwischen akutem, anhaltendem oder dauerhaftem Krankheitszustand.

  • Die PVen werden nicht rechtzeitig, d. h. solange Ärzte noch nachfragen können, vorgelegt

  • Das Lesen einer Patientenverfügung erst im eingetretenen Notfall wäre viel zu zeitintensiv.

 

Mittels problemzentrierter Interviews wurden fünf Intensivmediziner hinsichtlich der Praktikabilität von Patientenverfügungen befragt. Die leitende Fachärzte für Anästhesie und Intensivmedizin aus verschiedenen Kliniken gaben an, mindestens einmal wöchentlich mit einer Patientenverfügung konfrontiert zu werden und die Verbindlichkeit dieses Instrumentes prinzipiell gut zu heißen. Doch nur sehr wenige PVen würden ihrer Erfahrung nach optimal umsetzbar sein und die in sie gesetzte Erwartung der Patienten und ihrer Angehörigen erfüllen.

Das Gesetz von 2009 hätte Rechtssicherheit gebracht und einen sinnvollen Spielraum für straffreies ärztliches Unterlassen eröffnet. Der Entschluss zum Abbruch einer Therapie (etwa durch finale Extubation, die zum unmittelbaren Tod führt) fiele den Ärzten häufig dennoch nicht leicht. Bei meist bestehender Unsicherheit der Prognose kann man nicht wissen, wie der Patient (doch noch) Hoffnung und Aussicht auf Besserung bewerten würde. In der Regel würde in den befragten Kliniken eher eine Therapiebegrenzung favorisiert (Zurückfahren oder keine zusätzliche Maßnahme bei Verschlechterung mehr vornehmen).

Quelle: http://www.aerzteblatt.de/archiv/149204/Umgang-mit-Patientenverfuegungen-Probleme-durch-pauschale-Formulierungen

Workshop zur “optimalen” Patientenverfügung oder:

“Patientenverfügung – oft falsch verstanden”

Dazu bietet die Rechtsanwältin Hedda Hoffmeister (Kanzlei für Medizin- und Zivilrecht) am 25. November in Stuttgart einen Workshop an.

Die Teilnahme ist für Besucher/innen der Fachmesse LEBENSWENDE im Haus der Wirtschaft kostenfrei. Grundlage des Workshops sind die Materialien der Zentralstelle Patientenverfügung, siehe www.patientenverfuegung.de, wobei RA Hoffmeister den Fragebogen für eine individuelle Patientenverfügung bevorzugt.

Für die nächsten drei Interessentinnen, die sich noch anmelden möchten und die Patientenverfügung-newsletter-Abonnementen sind, werden Freikarten für den Messebesuch per Post zugestellt (bitte bei Anmeldung Stichwort “www.patientenverfuegung.de” angeben und die Postadresse nicht vergessen).

Mehr dazu (mit Anmelde-Email) siehe hier http://www.patientenverfuegung.de/aktuelles/2013-11-17/workshop-zur-Patientenverfügung-auf-messe-lebenswende-2511-in-stuttgart

 

2. DGHS verleiht Preis an Prof. Hans Küng

Der Schweizer Prof. Hans Küng (85), prominenter katholischer Theologe, Autor und Kirchenkritiker, hat am Freitag, den 8.11. den Arthur-Koestler-Preis der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) erhalten. Die Auszeichnung wurde ihm persönlich in Bonn als Sonderpreis für sein Lebenswerk verliehen. In seinem jüngsten Buch “Erlebte Menschlichkeit” habe Küng erneut seinen persönlichen Anspruch auf ein selbstbestimmtes Lebensende bekräftigt, hieß es in einer Begründung der DGHS.

Die Laudation hielt Professor Dr. Dieter Birnbacher, Universitätsprofessor i. R. für Philosophie, langjähriger Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats der DGHS und seit kurzem auch zweiter Vizepräsident. Darin schöpfte er aus früheren Begegnungen mit Hans Küng und eigenen Überlegungen. So sagte er u. a. über Küngs Publikation “Menschenwürdig sterben”, die dieser gemeinsam mit dem kürzlich verstorbenen Rhetorikprofessor Walter Jens verfasst hatte:

“Eine der ganz wenigen Stellungnahmen für das Recht auf Selbstbestimmung am Lebensende aus der katholischen Theologie weist viele der Vorzüge auf, die Werk und Wirkung Hans Küngs insgesamt auszeichnen: Menschlichkeit, Integration von Glauben und Vernunft, und ein weises Vermeiden von Extremen zugunsten eines wohlerwogenen und ausgewogenen ‘Weg der Mitte’. Menschlichkeit spricht aus Hans Küngs Zweifeln an dem christlichen Leidenspathos, das viele Theologen nicht nur gegen die transhumanistische Vision einer ‘leidfreien’ Gesellschaft ins Feld führen, sondern insbesondere auch gegen den Versuch, erwartetes Leiden durch eine selbstbestimmte Abkürzung des Lebens zu umgehen.”

Quelle: http://hpd.de/node/17152

Küng ist auch Begründer der Tübinger Stiftung Weltethos. Die katholische Kirche hatte ihm 1979 die Lehrerlaubnis wegen seiner Kritik am Papsttum und an verschiedenen katholischen Lehren entzogen.

Kritik durch renommmierte Sterbeforscherin Monika Renz

Die in der christlichen Hospizarbeit verwurzelte Sterbebegleiterin, Klangtherpeutin und Nahtodforscherin Monika Renz http://www.jesus – was_sterbende_erleben.html  sieht die Ansichten ihres Landsmannes Küng sehr kritisch und plädiert für eine spirituelle Sicht. Die Psychotherapeutin hat Erfahrungen des Übergangs zum Tod erforscht und widmet sich den Abgründen menschlichen Gewordenseins. Sie ist Leiterin der Psychoonkologie am Kantonspital St. Gallen. Über 650 Begleitungen am Sterbebett hätten sie gelehrt, dass dieser Prozess unkontrolliert zugelassen werden muss und keinesfalls verkürzt oder abgewürgt werden darf. (Renz hat offenbar nie die Erfahrung machen können oder wollen, dass sich bei einem liebevoll begleiteten Suizid unsere Empfänglichkeit für Beziehung, Gefühle, Nähe und auch Spiritualität nicht zwangsläufig verengen muss.)

Renz bietet zum Hinübergleiten jenseits der Todesschwelle Klangreisen, Vorträge, Seminare und Bücher an. Mit deren Hilfe sollen Menschen aus der sie prägenden Angst-, Begehrens- und Machtstruktur heraus finden und Erlösung als innerseelisch-religiösen Prozess erlangen können vorrangig im leidvollen Sterbeprozess. Dass sich immer mehr Menschen wie Hans Küng dem zu entziehen trachten, erfüllt Renz mit Sorge und erklärt dies in einem Interview mit der Tageswoche:

…  In das Gottesbild absoluter Barmherzigkeit mischt sich aber bei Küng unbemerkt eine Respektlosigkeit im Gegenüber letzter Geheimnisse ein: Wir wissen weder, was nach dem Tod kommt, noch ob, beziehungsweise wie Gott sei. Wenn ich die Erfahrung vieler Sterbender bedenke, so geht es durchaus um Barmherzigkeit, aber auch um Wahrheit und Würdigung. Etliche Sterbende, darunter auch solche, die zuvor keine Angst vor dem Sterben äusserten, signalisieren mitten im Prozess zwischendurch Unruhe und Angst. Der Begriff «selbstbestimmtes Sterben» ist irreführend und besagt vor allem eines: dass hier nicht begriffen wird, was in Todesnähe geschieht. Man muss wissen, dass schmerzvolle Zustände von aussen betrachtet oft schlimmer erscheinen, als sie von innen, also vom Kranken selbst, erlebt werden. ”

Quelle:  http://www.tageswoche.ch/de/2013_45/leben/602871/von-kueng-erwarte-ich-verantwortlichkeit-ueber-sich-selbst-hinaus.htm

 

Küngs Verständnis vom Christenmenschen

Zurück zur DGHS-Preisverleihung: In seiner Erwiderung auf die Laudation stellte Professor Küng klar:

” ich nehme meine Verantwortung wahr für mein Sterben zu gegebener Zeit, eine Verantwortung, die mir niemand abnehmen kann. (…) Gott schenkt mir, so hoffe ich, die Gnade, den richtigen Zeitpunkt zu erkennen; der späteste wäre für mich zweifellos eine beginnende Demenz. () Dass ein solches Ende ‘vorzeitig’ wäre, ist eine bloße Behauptung. In der Bibel wird die Selbsttötung (Freitod, Suizid) nirgendwo ausdrücklich verboten, die des Abimelech, des Samson und des Königs Saul zum Teil mit Zustimmung berichtet. Als Theologe und Christenmensch bin ich der Überzeugung, dass das menschliche Leben, das der Mensch ja nicht sich selber verdankt, letztlich eine Gabe Gottes ist. Aber zugleich ist das Leben nach Gottes Willen auch des Menschen Aufgabe. Es ist so in unsere eigene (nicht fremde!) verantwortliche Verfügung gegeben. Sterbewünsche müssen also ernst genommen werden, aber nicht allen kann allein mit ‘mehr Zuwendung’ begegnet werden. Gründe für Sterbewünsche können auch der andauernde Verlust der persönlich empfundenen Würde und des Lebenssinns oder die fehlende Aussicht der Verbesserung der gesundheitlichen Situation sein.”

Quelle: http://hpd.de/node/17152