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Rätselhaftes Sterbehilfe-Verfahren gegen Chefarzt – Vernichtung beruflicher Existenzen

13. Dez 2008

22.12.2008: Freispruch!

Das Magdeburger Landgericht hat am Montag, den 22.12.2008 zwei wegen “passiver Sterbehilfe” angeklagte Ärzte voll rehabilitiert. Überraschend plädierte auch die Staatsanwaltschaft, deren Anklage auf einem – wie sich herausstellte – fragwürdigens Gutachten beruhte, für Freispruch. Die Richterin Claudia Methling führte aus: Zwar lasse eine Richtlinie der Bundesärztekammer Sterbebegleitung zu, wenn der Sterbeprozess eingesetzt habe oder der Wille des Patienten vorliege. Diese habe aber nicht den Charakter eines Gesetzes, sagte Methling. Es bestehe eine gravierende Gesezteslücke, insbesondere bei einem mit Sicherheit irreversibel bewußtlosen Patienten auf der Intensivstation, der aber nicht im Sterben liegt. Wäre die Einstellung der künstlichen Beatmungsmachinerie dann in jedem Fall strafbar, sofern keine entsprechende Willenserklärung (Patientenverfügung) vorliegt? Der Freispruch im vorliegenden Fall basiert nämlich auf dem Kriterium, dass ja der Sterbeprozess schon eingesetzt hätte. (Eine Gruppe von Medizinethiker und Ärzten plant, dagegen öffentlich Position zu beziehen. Denn aus einer solchen Beurteilung folgt, dass trotz fehlener Indikation jeder unrettbar schwerstgehingeschädigte Patienten auf einer Intensivstatonen bis zum Tod künstlich weiterbeatmet werden müsste.)

Anerkannter Neurologe

Der 62-jährige Angeklagte, ein international anerkannter Neurologe sieht sein Lebenswerk durch die haltlosen Anschuldigungen zerstört. Der ehemalige Chefarzt des Neurologischen Rehabilitationszentrums Magdeburg war nach den Vorwürfen entlassen worden. Derzeit hat er keine Arbeit. Ihm und dem inzwischen 53-jährigen Stationsarzt Frantisek K. waren Totschlag beziehungsweise Beihilfe dazu und Körperverletzung im Zusammenhang mit dem Tod eines schwerstverletzten 28-Jährigen vorgeworfen worden. Siehe: http://www.net-tribune.de/article/221208-155.php

 


03.12.2008

Soll wirklich ein Sterben-Lassen ohne Patientenverfügung bald nicht mehr erlaubt sein?

1. Verurteilter Hausarzt in Mannheim hat Berufung eingelegt

Erst vor wenigen Wochen war ein Mannheimer Hausarzt wegen Sterben-Lassen seiner schwerst dementiell erkrankten Patientin (Reduzierung von Nahrung und Flüssigkeit sowie von Insulin-Gabe) zu 2 Jahren Gefängnis auf Bewährung verurteilt worden. Da ebenfalls keine Patientenverfügung vorlag, fertigte er eine solche im Nachhinein an und musst sich zusätzlich wegen Urkundenfälschung verantworten.

<< Dem Arzt war vorgeworfen worden, die medikamentöse Behandlung der Frau willkürlich abgebrochen und die Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr stark reduziert zu haben, um ihren Tod herbeizuführen. Die Frau starb im Juli 2004, nachdem der nunmehr unbehandelte Diabetes zu einem Nierenversagen geführt hatte. Sie hatte zuvor bereits mehrere Schlaganfälle erlitten. Zudem wurde eine Herz- und eine Niereninsuffizienz festgestellt.

Der Arzt hatte vor Gericht den Vorwurf des versuchten Mordes zurückgewiesen. Er gestand aber ein, die Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr eingeschränkt zu haben, um das Leiden der Frau zu verkürzen. Diese habe auch an Demenz gelitten und sei bettlägerig gewesen. Die Frau habe die per Sonde verabreichte Nahrung erbrochen. Er habe im Sinne der Patientin gehandelt, erklärte der 64-Jährige vor Gericht. … >> Quelle: http://www.rp-online.de 

2. Angeklagter Magdeburger Chefarzt weist Totschlag-Vorwurf zurück

Magdeburg (ddp-lsa). Im Magdeburger Prozess um den Abbruch der künstlichen Beatmung bei einem bewusstlosen Patienten mit schwersten Kopfverletzungen ohne Besserungsaussicht hat der angeklagte Chefarzt die Totschlag-Vorwürfe zurückgewiesen. Es sei unverständlich, dass die Staatsanwaltschaft überhaupt Anklage erhoben habe, erklärten die Rechtsanwälte des Angeklagten, Alexander Ignor und Carsten Tiemer, am zweiten Prozesstag. Bei diesem Fall habe es sich um «zulässiges Sterbenlassen» gehandelt.

Die Mutter und amtliche Betreuerin des Patienten Timothy S. habe dem Arzt des neurologischen Rehabilitationszentrums angesichts ständiger Verschlechterung statt erhoffter Besserung den Behandlungsauft rag entzogen. Damit sei sie dem in der Vergangenheit geäußerten, allerdings nicht schriftlich dokumentierten Willen des 26-Jährigen gefolgt. Der hochangesehene Angeklagte Chefarzt und Bundesverdienstkreuzträger habe schließlich dem Drängen der Familie entsprochen und zugestimmt, dass der Bruder des Patienten am Abend des 24. Mai 2004 das Beatmungsgerät abgeschaltete.


Die angeklagten Mediziner geben beide vor Gericht an, die Anklage habe sie in eine schwerste Lebenskrise gestürzt. Selbst wenn sie am Ende straffrei ausgehen sollten wer kann von seinem Arzt zukünftig erwarten, im Falle der Aussichtslosigkeit nicht weiterbehandelt zu werden, weil ärztlicherseits keine Indikation mehr vorliegt?


 

Kommentar im Blog von Oliver Tolmein (faz.net):

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