Autopsiebericht: Terri Schiavos Gehirn war unwiederbringlich zerstört
Quelle: Die WELT online vom 15.06.:
Komapatientin Schiavo war extrem hirngeschädigt
Das zentrale Nervensystem der nach langem Rechtsstreit gestorbenen Terri Schiavo war so schwer zerstört, dass keine Therapie ihren Zustand hätte verbessern können. Ihr Gehirn wog laut Gerichtsmediziner nur noch die Hälfte von dem, “was man allgemein von einem menschlichen Gehirn erwartet”. Für den Vize-Vorsitzende der Ethikenquêtekommission des Deutschen Bundestags, Hubert Hüppe (CDU) ist eine Komapatientin wie Schiavo freilich eine “Behinderte, die eine andere Bewusstseinsebene hat”
“Largo Das Gehirn der im März nach 13tägigem Nahrungsstopp gestorbenen US-Komapatientin Terri Schiavo war so schwer geschädigt, dass keine Behandlung ihren Zustand hätte verbessern können. Es gibt auch keinerlei Anzeichen dafür, dass ihr Ehemann sie misshandelte und dadurch ihre Erkrankung verursachte. Das sind die beiden Kernpunkte eines Autopsieberichts, den der zuständige Gerichtsmediziner am Mittwoch rund zweieinhalb Monate nach dem Tod der 41jährigen in Largo (Florida) veröffentlichte.
Der Fall Schiavo hatte nicht nur in den USA, sondern international eine leidenschaftliche Debatte über Sterberecht und Sterbehilfe ausgelöst. Die Amerikanerin war nach einem plötzlichen Zusammenbruch 1990 in ein so genanntes Wachkoma verfallen und seitdem über eine Magensonde künstlich ernährt worden. Mitte März hatte ihr Ehemann Michael nach langjährigem erbitterten Streit mit den Eltern der Kranken, Bob und Mary Schindler, eine Einstellung der Ernährung durchgesetzt, was am 31. März zum Tod der 41jährigen führte.
Die Autopsie war auf Wunsch von Michael Schiavo durchgeführt worden, der damit unter anderem den von den Eltern geäußerten Verdacht entkräften wollte, er habe den Zusammenbruch seiner Frau durch Schläge herbeigeführt. Vater und Mutter Schindler hatten zudem die Überzeugung geäußert, dass ihre Tochter nicht so krank gewesen sei wie es von ihrem Schwiegersohn und im Zuge des Streits von Gerichten eingeschalteten medizinischen Gutachtern dargestellt wurde.
Zustand irreversibel
Die Möglichkeit einer Verbesserung des Zustands der Kranken war das Hauptargument der Eltern in deren verzweifeltem Kampf gegen eine Einstellung der Nahrungszufuhr gewesen. Michael Schiavo hatte dagegen erklärt, seine Frau habe früher wiederholt bekundet, sie wolle im Fall eines Siechtums nicht künstlich am Leben erhalten werden und ihr Wunsch müsse erfüllt werden.
Gerichtsmediziner Jon Thogmartin bestätigte nun, dass Terri Schiavo tatsächlich so schwer hirngeschädigt war, dass keine Behandlung “was und wie viel auch immer” genützt hätte. Nach Angaben des Spezialisten wog das Gehirn der jungen Frau nur rund die Hälfte von dem, “was man allgemein von einem menschlichen Gehirn erwartet”. Der massive Verlust von Neuronen hätte sich nach seinen Untersuchungen selbst mit intensivster Therapie nicht wieder rückgängig machen lassen können. Schiavo sei auf Grund ihrer Hirnschädigung “völlig blind” gewesen und habe auch sonst ihre Umwelt nicht mehr wahrgenommen.
Terri Schiavo sei nach 13 Tagen ohne Flüssigkeits- und Nahrungszufuhr schließlich an Austrocknung gestorben, bestätigte der Mediziner weiter. “Es war kein Hungertod.” (WELT.de)
Der Rechtsvertreter der Schindlers, David Gibb, erklärte, die Eltern blieben bei ihrer Auffassung, dass sich der Zustand ihrer Tochter durch eine angemessene Behandlung hätte verbessern können.
Der Vize-Vorsitzende der Ethikenquêtekommission des Deutschen Bundestags, Hubert Hüppe (CDU) hatte kurz vor dem Tod von Terry Schiavo die Ansicht vertreten, die Einstellung der lebenserhaltenden Maßnahmen wie bei ihr sei nach jetziger deutscher Gesetzeslage eben nicht möglich, weil die Patientin nicht in einer Sterbephase sei. Schiavo sei vielmehr eine “Behinderte, die eine andere Bewusstseinsebene hat”, sagte Hüppe der Nachrichtenagentur AFP. “Diese Menschen leben, leben aber anders.” Hüppe hatte die Version der Eltern von Terri Schiavo mitgetragen, nach der bei ihr noch deutliche Bewusstseinsanteile erhalten seien. Ob er mit einem völligen Mangel an Differenzierung den vielen rehabilitationsfähigen Patienten im wachkomaähnlichen Zustand einen Gefallen tut, darf bezweifelt werden.
Unterstützt worden waren die tiefgläubigen Eltern, die sich bis zuletzt gegen ein natürliches Sterben-Lassen ihrer Tochter gewehrt haben, von konservativ-christlichen Gruppen, Abtreibungsgegnern und vor allem republikanischen Politikern. US-Präsident G.W. Bush hatte gar ein entsprechendes Sondergesetz nur für Terri Schiavo unterzeichnet, das eine nochmalige Anhörung vor einem Bundesgericht erzwungen hatte. Die Gerichte gaben in zahlreichen Verhandlungen jedoch Terris Mann Recht.