Monetik und nationale Ethik
Wie lässt sich im Gesundheitswesen Geld sparen? Indem, wie der katholische Theologieprofessor Joachim Wiemeyer in der letzten Woche in der ARD-Sendung ‘Report Mainz’ vorschlug, vor ‘allen Dingen für Jüngere medizinische Leistungen’ bereitgestellt, ‘aber nicht jede lebensverlängernde Maßnahme für sehr alte Leute’ mehr bezahlt werden sollte? In solchen Fällen könne man sich ‘auf die Behandlung akuter Schmerzen beschränken’, sagte Wiemeyer weiter. Also Palliativmedizin und Hospizbetreuung neuerdings nicht nur als ‘die Alternative’ zur Sterbehilfe, sondern auch als verordnete Alternative zur Herzoperation bei allen über 75 Jährigen? Für eine solche willkürliche Altersgrenze hat sich in der selben Sendung der Gesundheitsökonom Prof. Friedrich Breyer ausgesprochen.
Mitglieder des nationalen Ethikrates wie Prof. Eckhard Nagel und die Bundesärztekammer befürchten hingegen den Dammbruch zur Euthanasie und plädieren ebenfalls für den Ausbau der Palliativmedizin. Dabei seien die Sparvorstellungen, Menschen ab 75 Jahren aufwändige Operationen vorzuenthalten, durch nichts zu rechtfertigen. Selbst unter ökonomischen Gesichtspunkten brächten sie nichts, so Nagel, da die meisten Kosten innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Tod entstünden, egal in welchem Alter dieser einträte.
Am Mittwoch, den 11. Juni, läd der Nationale Ethikrat zu einer öffentlichen Veranstaltung in die Bayrische Landesvertretung in Berlin ein zum Thema ‘Grenzen von Patientenautonomie und Patientenverfügung’ mit der vorsitzenden Richterin des XII Zivilsenats des BGH, Frau Dr. Hahne. Dieser Senat hat unlängst höchstrichterlich entschieden, dass jeder Verzicht auf lebenserhaltende Maßnahmen im Betreuungsfall einer vormundschaftsrichterlichen Genehmigung bedarf selbst wenn der Patient, als er noch entscheidungsfähig war, sich ausdrücklich dagegen ausgesprochen hat.
Ob ‘Monetik’ oder ‘nationale Ethik’, eine sich verhärtende Blockade widerstreitender Prinzipien begrenzt die Möglichkeiten des einzelnen Patienten, zwischen Palliativmedizin, lebensverlängernder Intensivmedizin oder leidensverkürzender Sterbehilfe wählen zu können. Das Recht auf selbstbestimmte Behandlung oder Nicht-Behandlung, unabhängig vom Alter und Krankheitsbild einzufordern und entsprechende Patientenverfügungen gesetzlich zu verankern diese Aufgabe kommt mehr denn je auf die Interessenvertretungen heutiger und zukünftiger Patienten zu.
Zur Teilnahme an der o. g. öffentlichen Veranstaltung, an der als Referent aus ärztlicher Sicht der Palliativmediziner Dr. Müller-Busch teilnimmt, bittet der Nationale Ethikrat möglichst um vorherige Anmeldung, Tel. 030 20265500, Ort: Behrenstr. 21 in Berlin-Mitte, Zeit: 11. Juni, 17 Uhr