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Terri Schiavo: Gericht in Florida erlaubt Sterben-Lassen

10. Nov 2008

Neue Entwicklung: Gericht in Florida erlaubt Sterben-Lassen bei Terri Schiavo (Fallgeschichte siehe unten, ursprüngliche Meldung vom Oktober 2003)

07. Mai 2004. Im Streit über lebenserhaltende Maßnahmen zugunsten der 40 Jahre alten Amerikanerin Terri Schiavo aus Florida, die 1990 nach einem Herzinfarkt ins Koma fiel, hat ein Bezirksrichter gegen den republikanischen Gouverneur Jeb Bush entschieden.

Bush hatte im vergangenen Herbst angeordnet, die schwer hirngeschädigte Patientin müsse weiter künstlich ernährt werden. Der Richter befand, das Eingreifen des Gouverneurs sei verfassungswidrig gewesen, da das Gesetz, auf das sich Bush gestützt habe, die Persönlichkeitsrechte der Bürger Floridas verletze.

Berufungsverfahren anhängig

Der Richter eröffnete damit dem Ehemann, Michael Schiavo, der zum Vormund seiner Frau bestellt ist, die Möglichkeit, die Magensonde entfernen zu lassen. Beide Seiten einigten sich aber darauf, zunächst den Ausgang des Berufungsverfahrens abzuwarten, das Bush sofort anstrengte. Der Fall Schiavo hatte internationales Aufsehen erregt, als der Ehemann im vergangenen Oktober nach jahrelangem Rechtsstreit mit den Eltern seiner Frau sie glauben an eine Genesung ihrer Tochter und verlangen ihre Weiterbehandlung die künstliche Ernährung abbrechen ließ.

Proteste religiöser Konservativer

Das Parlament von Florida hatte daraufhin, begleitet von energischen Forderungen religiöser Konservativer, hastig ein Gesetz verabschiedet, das es dem Gouverneur ermöglichte, die Fortsetzung lebenserhaltender Maßnahmen zu erzwingen, wenn sich jemand “dauerhaft in einem vegetativen Zustand” befindet, keine schriftliche Willenserklärung für einen solchen Fall vorliegt, die Schläuche für die künstliche Ernährung bereits entfernt wurden und der Protest eines Familienmitglieds gegen die Entscheidung zum Sterben-Lassen vorliegt. Auf Anordnung Bushs wurde die Ernährung von Frau Schiavo sechs Tage nach Entfernung der Magensonde wieder aufgenommen. Michael Schiavo, der sich darauf beruft, dass seine Frau es abgelehnt habe, über Jahre künstlich am Leben erhalten zu werden, zog daraufhin gegen den Gouverneur und den Gesetzgeber von Florida vor Gericht.

Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.05.2004, Nr. 107 / Seite 7


Per Eilgesetz Sterbeprozess verhindert
Von FRIEDEMANN DIEDERICHS (Kölnische Rundschau vom 22.10.2003)

MIAMI. Als die Fernsender die Entscheidung von Gouverneur und Präsidenten-Bruder Jeb Bush bekannt gaben, brachen die mehr als 100 Demonstranten vor dem Hospiz in St. Petersburg im US-Bundesstaat Florida in lauten Jubel aus. Wenig später fuhren ein Krankenwagen und mehrere Regierungsbeamte vor, um die 39-jährige Koma-Patientin Terri Schiavo in ein anderes Krankenhaus zu bringen. Dort erhielt die Frau am Dienstagabend erstmals seit sechs Tagen wieder flüssige Nahrung. Ein Gouverneur als Herr über Leben und Tod Florida erlebt derzeit ein Drama, das die amerikanische Öffentlichkeit in Atem hält. Denn Terri Schiavo, nach einem Herzinfarkt vor 13 Jahren schwer hirngeschädigt und nach Ansicht der behandelnden Ärzte in einem “vegetativen Koma”, sollte eigentlich nach dem Wunsch ihres Ehemannes Michael “in Würde sterben”. In einem jahrelangen Rechtsstreit hatte er gegen die Eltern der Frau argumentiert und am Ende die Gunst der Justiz auf seiner Seite gehabt. Vor einer Woche war auf richterliche Anordnung die Magensonde entfernt worden, mit der die Pfleger Terry Schiavo seit Beginn ihres Leidensweges Wasser und Nahrung zugeführt hatten. Innerhalb von zehn Tagen sei mit ihrem Tod zu rechnen, sagten damals die Mediziner.

Doch damit entbrannte die Debatte um die Frage, ob und wann Angehörige von Koma-Patienten den Todeszeitpunkt mitbestimmen dürfen, erst mit voller Wucht. Bombardiert mit tausenden von E-Mails und Telefonanrufen, sah Floridas Gouverneur Jeb Bush plötzlich Handlungsbedarf. Über Nacht wurde ein Gesetzentwurf geschmiedet. Bush gab anschließend das Signal, die künstliche Ernährung der Patientin wieder aufzunehmen.

Die Eltern von Terry Schiavo zeigten sich hocherfreut, und ihre Tochter sei bei entsprechendem Training vermutlich irgendwann sogar in der Lage, selbstständig zu essen. Eine Prognose, die allerdings von Medizin-Experten sehr bezweifelt wird.

Ob mit der Bush-Entscheidung das letzte Kapitel in dieser Auseinandersetzung geschrieben wurde, steht noch nicht fest. Der Ehemann der Patientin wirft dem Gouverneur nun vor, seine Frau zum Spielball politischer Interessen gemacht und bewusst richterliche Entscheidungen konterkariert zu haben: Den Sterbeprozess zu unterbrechen, sei “unmenschlich und barbarisch”, so sein Anwalt.

Ähnlich sehen auch Justizexperten den Schnellschuss von Jeb Bush. Er glaube kaum, dass die Regelung einer Verfassungsprüfung standhalte, so der frühere Richter am Obersten Gerichtshof von Florida, Stephen Grimes.