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Erstmalig entscheidet deutsches Zivilgericht

10. Nov 2008

Traunstein, 16.10.2002 Das Landgericht Traunstein hat eine Klage abgewiesen, mit der der Vater eines 37-jährigen Wachkoma-Patienten vom Pflegeheim seines Sohnes die passive Sterbehilfe erzwingen wollte. Nach seinem Selbsttötungs-Versuch im Juli 1998 konnte Peter K. durch intensive Bemühungen eines Notarztes zwar wieder ins Leben zurückgeholt werden. Die Reanimation gelang, doch wie so oft in diesen Fällen, hatte der Patient durch den Sauerstoffmangel bleibende Gehirnschädigungen erlitten.

Sein Vater, zum gesetzlichen Betreuer bestellt, wollte mit Hilfe des Münchener Rechtsanwaltes Wolfgang Putz erreichen, dass die künstliche Ernährung vom Pflegepersonal zwangsweise abgestellt werden muss. Denn dieses hatte zuvor eine entsprechende ärztliche Anordnung aus “pflege-ethischen Gründen” abgelehnt. Putz war zunächst zuversichtlich, auf der Grundlage des Heimvertrages die passive Sterbehilfe durch Ernährungsabbruch einklagen zu können. Denn es wurde vor Gericht bezeugt und versichert, dass es dem mutmaßlichen Willen von Peter K. entspräche, lieber sterben zu wollen. Der mutmaßliche Wille gilt bekanntlich als Maßstab für eine Weiterbehandlung oder deren Abbruch, wenn der betreffende sich selbst nicht mehr äußern kann.

Das Landgericht Traunstein hatte als erstes deutsches Zivilgericht eine solche Entscheidung zu treffen. In seiner mündlichen Urteilsbegründung sagte Richter Horst Radinger, die Heimpfleger könnten vom Vater nicht gezwungen werden, einen Patienten sterben zu lassen.

Die Zentralstelle für Patientenverfügungen des Humanistischen Verbandes Deutschlands (HVD) stellt dazu klar: Es ist ein häufiges Rechtsmissverständnis, dass dem bloß gemutmaßten Patientenwillen gleiche Bedeutung und Beweiskraft zukomme wie einer akuten Willenserklärung oder einer individuell abgefassten, konkreten Patientenverfügung. Denn nur letztere Instrumente können Ärzte und Pflegende auch tatsächlich zu einem Tun oder Unterlassen zwingen, was ihnen selbst vielleicht widerstrebt oder unzulässig erscheint.

Als bloße Indizien für den mutmaßlichen Willen gelten hingegen Zeugenaussagen, pauschale Musterverfügungen, Ankreuzvarianten oder schriftliche Erklärungen wie die, dass man in aussichtsloser Situation und im unmittelbaren Sterben keine lebensverlängernde Maßnahmen mehr wünscht. Diese mögen zwar rein formaljuristisch auch als verbindlich angesehen werden. Bei der praktischen Durchsetzbarkeit kommt es aber wesentlich darauf an, ob es sich um Darf-Bestimmungen oder um Muss-Bestimmungen handelt.