Betreuung Alter und Kranker wird neu geregelt
Quelle: Berliner Zeitung vom 07.11.
Justizminister wollen Vorsorgevollmacht ausbauen Patientenverfügung wird als eigenes Thema im BMJ behandelt
BERLIN, 6. November. Die Landesjustizminister haben sich darauf geeinigt, die Betreuung alter, verwirrter oder psychisch kranker Menschen neu zu regeln. Ziel sei es, das Selbstbestimmungsrecht zu stärken und Fehlentwicklungen bei der Betreuung zu begegnen, sagte am Donnerstag der nordrhein-westfälische Justizminister Wolfgang Gerhards (SPD) nach Abschluss der Justizministerkonferenz in Berlin. Noch in diesem Jahr soll der Gesetzentwurf in den Bundesrat eingebracht werden.
Vorgesehen ist unter anderem, die Vorsorgevollmacht, mit der Menschen für den Fall einer späteren Erkrankung bereits einen Betreuer benennen können, auszubauen und zu vereinheitlichen. Zugleich planen die Länder den Aufbau eines bundesweiten Registers, bei dem sich Gerichte, aber auch Krankenhäuser über Vorsorgevollmachten erkundigen können. Darüber hinaus möchten die Justizminister, dass in Deutschland eine automatische gesetzliche Vertretung für Ehegatten oder Kinder eingeführt wird. Um Missbrauch zu vermeiden, soll der Ehegatte allerdings nur über Kosten des laufenden Lebensunterhalts bis 3.000 Euro verfügen dürfen.
Gerichtliche Anordnung
Rund eine Million Menschen stehen in Deutschland unter Betreuung. Diese wird vom Gericht angeordnet, wenn Menschen nicht mehr in der Lage sind, ihre Vermögensangelegenheiten selbst zu regeln. Derzeit werden zu 80 Prozent Familienangehörige als Betreuer eingesetzt, die dafür eine jährliche Pauschale von 312 Euro erhalten. Darüber hinaus fungieren Anwälte und Sozialarbeiter als Berufsbetreuer. Ihr Stundensatz liegt bei 31 Euro. Das Honorarsystem für die Berufsbetreuer wollen die Justizminister ebenfalls ändern. Sie möchten eine pauschale Vergütung einführen.
Grund für die Reform ist vor allem die desolate Haushaltslage in den Bundesländern. So erhöhten sich in Bremen 2002 die Kosten auf drei Millionen Euro. 1996 war es noch eine Million Euro.
Patientenverfügung: medizinisches Sonderthema
Die sensiblen Themen Patientenverfügung, Therapieziele und ‘Sterbehilfe’ sind in der Novelle nicht berücksichtigt. Diese sind einer gesonderten Kommission des Bundesjustizministeriums unter Leitung des Bundesrichters a. D. Klaus Kutzer übereignet worden. Hierbei geht es vor allem um Regelungen für die Wirksamkeit von Patientenverfügungen und Qualitätskriterien im medizinischen Sinne, z. B. zu individuell formulierten Therapiezielen. Neben Palliativmedizinern und Vertretern der Kirchen, Hospizbewegung und Wohlfahrtsverbänden ist hierbei u. a. die Leiterin der Zentralstelle für Patientenverfügung des Humanistischen Verbandes vertreten, welche diesen Newsletter herausgibt.