Ethikratsvorsitzender setzt auf getreuen Heiland Jesu Christi
!!! BERLIN. Der Deutsche Ethikrat hat in einer Empfehlung dem Bundestag nahegelegt, die Regelung zur Suizidassistenz klarzustellen. Hintergrund ist das einschlägige Urteil dazu des Leipziger Bundesveraltungsgerichtes. Darin wird schwerstkranken Sterbewilligen in einer "extremen Notlage" das Recht zugesprochen, zur Selbsttötung Natrium-Pentobarbital beziehen zu dürfen.
In einer am Donnerstag veröffentlichten Empfehlung schlossen sich neun der 25 Ethikratsmitglieder einer schon im März veröffentlichten Bewertung ihres Kollegen Prof. Reinhard Merkel an und bezeichnen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts als ethisch wohl gewogen. Es stehe im Einklang mit der Moralpflicht, dass ein "generell begründbares Verbot nicht zum Gebot der Unmenschlichkeit werden" dürfe. Eine "staatliche Unterstützung" zur Umsetzung von Suiziden erkennt die Ratsminderheit in dem Urteil nicht. Lediglich werde es dem Staat in Notstandsfällen nicht mehr gestattet, "die Verfügbarkeit eines Medikaments aktiv zu blockieren".
Die Ethikratsmehrheit (16 von 25) hingegen, darunter der Vorsitzende Prof. Peter Dabrock, kritisiert das Urteil scharf. Vor den Folgen des Leipziger Richterspruchs hatten zuvor bereits die Bundesärztekammer, die Kirchen und Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) gewarnt, während humanistische Verbände ihn begrüßt hatten.
Dabrocks Spagat zwischen Glaubensbekenntnis und Neutralitätspflicht
Die Ethikratsmehrheit beklagt, durch dieses Urteil werde die "ethisch fundierte Grundentscheidung" des Gesetzgebers "unterlaufen". Denn der Bundestag hatte Ende 2015 die geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung ausdrücklich unter Strafe gestellt. Mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes werde nun das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zum "Verpflichtungsadressaten der Selbsttötungsassistenz" gemacht. Das klingt laut der Vertreterin des Humanistischen Verbandes, Gita Neumann, als wären "in Gestalt verantwortungsloser Richter finstere Mächte am Werke, um eine Verteilstelle für Tötungsmittel einzurichten". Das zentrale Argument der Ethikratsmehrheit ist jedoch ein scheinbar säkulares: Das Urteil zwinge eine Behörde – das BfArM – die "ethische Leitidee der staatlichen Neutralität gegenüber Lebenswertvorstellungen aufzugeben".
Doch die Überzeugungskraft der Verpflichtung zur Neutralität gerät ins Wanken, wenn man sich das christliche Glaubensbekenntnis des (damals noch stellvertretenden) Ethikratsvorsitzenden Prof. Dabrock zum Leben und Sterben vor Augen führt. Dies war im Mai 2015 wie folgt in der Süddeutschen Zeitung unter "Glaubensbekenntnis-Peter-Dabrock" abgedruckt. Zitat:
- << Glaube ist für mich vor allem eines: Getragensein. Dabei war mir die etwas pathetische Formulierung aus dem Heidelberger Katechismus stets ein wichtiger Begleiter: `Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben? Dass ich mit Leib und Seele im Leben und im Sterben nicht mein, sondern meines getreuen Heilands Jesu Christi eigen bin.´ Bei dem Satz geht mir das Herz auf. … Das verbinde ich mit dem Namen Jesu Christi, der die Liebe des geglaubten Gottes verkörpert. Der Glaube an diese Liebe lässt mich auch im Hier und Jetzt hoffen – hoffen, dass dieser Grund unendlich trägt. …
Mein Glaubensleben binde ich nicht deswegen so gerne an die Bibel, weil sie eine Telefonleitung aus dem Himmel wäre. Vielmehr gibt sie in faszinierender Weise Zeugnis davon, wie Generationen von Menschen – in Zagen und Zittern, mit Jubel und Mut – versucht haben zu leben und zu verstehen, was für sie der Grund und Ziel ihres Lebens ist, reizend, tröstend, lockend, ermutigend, fordernd: Gott. Ich liebe diese Erfahrungsbibliothek, weil sie den Menschen so schonungslos nüchtern beschreibt, und damit den Gott, der diesem Menschen in erbarmungsvoller Treue zugeneigt bleibt, noch umso wunderbarer auszumalen erlaubt. … >>
Auch ein Leserbriefkommentar dazu von Prof. Klaus Hamper sei hier zitiert:
- << Wie solch ein … milde lächelnder professoraler Geistesknecht irrationaler Gottesphantasien es bis zum stellvertretenden Vorsitzenden des „Deutschen Ethikrats“ gebracht haben mag, bleibt ein Rätsel. Es lässt aber zumindest einen Schluss sicher zu: Es ist nicht gut um den Geist der Aufklärung in unserem Volk der ehemaligen Dichter und Denker bestellt, wenn solche Figuren in solche Positionen gelangen können und eine … Zeitung wie die „Süddeutsche“ auch noch ernsthaften Raum für die Propagierung solch gleichzeitig unsäglich banaler, schwülstiger und unüberprüfbarer inhaltsleerer Floskel-Ergüsse zur Verfügung stellt. Nur gut, dass es wenigstens hin und wieder noch klare Geister … gibt, die das Grundprinzip der „intellektuellen Redlichkeit“ in Erinnerung rufen, einer Charaktereigenschaft, an der es diesen selbstzufriedenen Verkündern nicht hinterfragbarer Heilsversprechen seit jeher mangelt.>>