FDP-Bundesparteitag fasst Beschluss zur rechtlichen Regelung von PV
Ethik der Verantwortungsbereitschaft
Mit sehr großer Mehrheit hat der Bundesparteitag der FDP in Köln einen Beschluss zur rechtlichen Regelung von Patientenverfügungen gefasst. Gefordert wird eine Verbindlichkeit hinreichend konkreter Patientenverfügungen gegenüber Arzt und Betreuer. Diese sollen schriftlich abgefasst werden. Weitere Wirksamkeitsvoraussetzungen lehnte der Parteitag ab. Die Verfügung soll für alle Krankheitsphasen möglich sein.
Michael Kauch, Obmann der FDP-Bundestagsfraktion in der Enquête-Kommission “Ethik und Recht der modernen Medizin” des Bundestages, erklärte dazu: “Damit hat der Bundesparteitag die Linie der FDP-Bundestagsfraktion nachdrücklich unterstützt. Eine Beschränkung der Reichweite von Patientenverfügungen wurde klar abgelehnt. Auch Pflichtberatung und Aktualisierungspflicht als Wirksamkeitsvoraussetzung hat der Parteitag zurückgewiesen. ” Kauch hatte sich zusammen mit anderen Mitgliedern gegen das so genannte Mehrheitsvotum der Ethik-Enquête ausgesprochen, wonach die Verbindlichkeit einer Patientenverfügung auf eine sehr restriktive Reichweite beschränkt sein sollte.
Näheres zur Debatte auf dem FDP-Parteitag: Deutsches Ärzteblatt
Auch die meisten Bundestagsabgeordnete, denen die Materie nicht vertraut ist, haben naturgemäß Aufklärungsbedarf. Viele tun sich schwer und haben Angst, Verantwortung für eventuelle Folgen einer gesetzlichen Regelung zu übernehmen. In dieser Situation der Verunsicherung und der Wissensdefizite wird von einigen Vertretern des Mehrheitsvotums der Ethik-Enquête-Kommission weiterhin systematische Desinformation auf der Grundlage eines “ethischen Paternalismus” betrieben. Den zahlreichen “Bedenkenträgern” eines überzogenen Lebensschutzes scheint dabei es an einem realitätsbezogenen Umgang mit der Sterblichkeit des Menschen und seinen Selbstbestimmungsrechten zu mangeln.
Um hier Abhilfe zu schaffen, empfiehlt sich eine aktuelle, vorwiegend von ärztlichen Autoren verfasste interdisziplinäre Studie “Die gesetzliche Regelung der Patientenverfügung in Deutschland”.
Nach begründeter Auffassung der Autoren (darunter neben dem Klinikarzt und Medizinethiker Meinolfus Strätling auch der Ärztekammerpräsident von Schleswig-Holstein, Franz-Joseph Bartmann) ist die Verbindlichkeit von Patientenverfügungen ohne Reichweitenbeschränkung alternativlos. Die Autoren bejahen eine “Ethik der Verantwortung und Verantwortungsbereitschaft”. Sie beklagen eine “zunehmende, offenkundig weltanschaulich motivierte Instrumentalisierung” wobei u. U. auch Zwangsbehandlungen gegen den Patientenwillen in Kauf genommen werden, um ein vorsorglich verfügtes “Sterben-Lassen” zu verhindern.
Eindeutig fehlerhaft sei auch die Auffassung, dass ein Patient nicht ohne vorherige ärztliche Aufklärung rechtswirksam eine Behandlung verweigern oder (bei ausdrücklichem Aufklärungsverzicht) auch in diese einwilligen könne. Dasselbe gelte selbstverständlich für eine Patientenverfügung. Die Annahme ihres späteren Widerrufs dürfe nur auf einer belegbaren Grundlage, nicht aber auf Spekulationen, subjektiv gefärbten Mutmaßungen oder hermeneutisch-theologischen Auslegungen beruhen, meinen die Ärzte.
Es handelt sich um die interdisziplinäre Studie des Forschungsschwerpunktes “Ethik, Recht, Geschichte und Didaktik im Spektrum der klinischen Medizin” der Universitätsklinik Lübeck von April 05, die hier vorab zur Veröffentlichung freigegeben wird:
Interdisziplinäre Studie (55 Seiten, PDF: 564 KB)
Die Arbeit wird in etwa 14 Tagen in der Schriftenreihe “Medizinethische Materialien” des Zentrums für Medizinische Ethik in Bochum erscheinen und kann dort bestellt werden (Zentrum für Medizinische Ethik, RU-Bochum, Gebäude GA 3 / 53, 44780 Bochum; E-Mail: Med.Ethics@ruhr-uni-bochum.de).