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Indikation (absolute / relative) und Dialog mit dem behandelnden Arzt

27. Aug 2008

Der nachstehende Text wurde von Dr. M. Strätling verfaßt, bevor es zur zivil- und strafrechtlichen Klarstellung kam.

Mit grundsätzlichen Konflikten mit Ärzten bei einer gültigen Patientenverfügung ist seitdem glücklicherweise nicht mehr zu rechnen. Dennoch halten wir den nachstehenden Text insbesondere dann für hilfreich, wenn es um die Abklärung von Behandlungsaussichten, d. h. Indikationn und zu treffenden Abwägungen geht.

Praxistipps von unserem ärztlichen Berater Dr. med. Meinolfus Strätling:

<< Wer als vertretungsbefugter Angehöriger/Betreuer/Vorsorge­bevoll­mäch­tigter (oder auch als Patient) mit (s)einem behandelnden Arzt den konkreten Inhalt einer Patientenverfügung diskutiert (oder diskutieren muss), frage den Arzt, ob dieser für sich selbst oder seine eigenen Angehörigen in einer vergleichbaren Situation die zur Diskussion stehenden Maßnahmen in Anspruch nehmen wollte. Sie werden darauf meist allenfalls eine ausweichende Antwort erhalten. Empirisch können Sie diese i. d. R. als “Nein” betrachten. Teilen Sie dies dem Arzt mit: In dieser Situation ist er nämlich derjenigen, der dann ggf. eine “absolute” Indikation zur Weiterbehandlung rechtfertigen müsste. Wenn er diese “absolute” Indikation (faktisch also eine wirklich gute, realistische Chance, das Leben des Patienten langfristig und mit guter Lebensqualität zu retten) nicht sieht (und er wird sie in den meisten Fällen, die im Zusammenhang mit einer Patientenverfügung zur Diskussion stehen, nicht sehen), wird er diese i. d. R. medizinisch vernünftigerweise auch nicht stellen (und darf es rechtlich auch nicht, da er den Patienten oder seinen Stellvertreter sonst auch täuschen würde).

Er kann  und wird i. d. R.  gleichwohl eine “relative” Indikation, also einen “Behandlungsversuch” zur Diskussion stellen. Die tatsächlichen Erfolgsaussichten dieser Behandlungsversuche sind i. d. R. aber, wie oben ausgeführt, sehr viel schlechter, als gemeinhin zugegeben oder angenommen wird.

  • Bestehen Sie daher darauf, dass mögliche Erfolgsaussichten interventioneller (Maximal-)Therapieangebote, insbesondere in Bezug auf Parameter wie Langzeitüberleben, Lebenszeit­verlängerung und Lebensqualität, zumindest näherungsweise zu quantifizieren sind im Vergleich zu eher konventionellen, rein palliativen Behandlungsmaßnahmen. Fakt ist nämlich, dass in den meist zur Diskussion stehenden Situationen die tatsächlich Überlegenheit von “hochleistungsmedizinischen” Maßnahmen i. d. R. statistisch nicht nachweisbar oder bestenfalls marginal ist. …
  • Bestehen Sie folglich darauf, dass im konkreten Entscheidungs­fall eine entsprechende Risiko-Nutzen-Abwägung klar thematisiert wird und verbindliche Absprachen getroffen werden, die ggf. regelmäßig und gemeinsam zu überprüfen sind. Bestehen Sie weiterhin darauf, dass die möglichen Behandlungs­alternativen auch unverzüglich verfügbar gemacht sowie auch wirklich kompetent durchgeführt werden  insbesondere auch durch entsprechende (z. B. palliativmedizinische) Konsile, Überweisungen u. a. m.
  • Unterbinden Sie insbesondere, notfalls unter Androhung (straf-, disziplinar- und zivil-)rechtlicher Schritte, dass der Patient durch Vorenthaltung weniger belastender Behandlungsmöglichkeiten zur “Einwilligung” in Maximalbehandlungen, die er eigentlich nicht will, genötigt wird …>>

(Dr. med. Meinolfus Strätling, 2008)

Was ist rechtlich besonders wichtig?

Es gilt, die geltende Rechtslage zu kennen: Wenn Einigkeit über den in der Patienten­verfügung zum Ausdruck gebrachten Willen und die eingetretene Situation besteht, ist es nicht erforderlich, eine Genehmigung des Vormund­schafts­gerichtes einzuholen.

Das gilt auch für den Fall des Abbruchs lebenserhaltender Maßnahmen  wenn diese in einer gültigen Patientenverfügung eindeutig abgelehnt worden sind. Es ist falsch, wenn ein solcher doch “aktiver” Abbruch, in dessen Folge der Betroffene stirbt, als strafbar oder unzulässig zu bezeichnen. Siehe Sterbehilfe-Definition: Warum die Beschreibung von “Unterlassung” rechtlich bedeutend ist.