So erreichen Sie uns:
Telefonzentrale 030 206 21 78 - 00
Mo, Di, Do 10–17 Uhr, Fr 10–14 Uhr

So erreichen Sie uns:
Telefonzentrale 030 206 21 78 - 00
Mo, Di, Do 10–17 Uhr, Fr 10–14 Uhr

mail@patientenverfuegung.de

Finden Sie eine_n
Berater_in in Ihrer Nähe

Beitrag

Käsmann: Grenzbereiche bei Sterbehilfe / Tagung: PV und Demenz

1. Nov 2009

Aus Interview im Deutschlandradio (vom 29.10.) mit der neuen EKD-Ratsvorsitzenden Margot Käßmann über ihre Ziele für die Evangelische Kirche

” … Meurer: Sie haben gestern angedeutet, die Tür zur Sterbehilfe zu öffnen. Wie war das gemeint?

Käßmann: Es gab ja ein Grußwort des Schweizer Kirchenpräsidenten, der gesagt hat, vielleicht seid ihr in Deutschland aufgrund euerer Vergangenheit in eueren Kirchen so rigoros im Denken, dass Menschen nun in die Schweiz kommen, denkt darüber noch einmal nach. Daran habe ich angeknüpft. Ich finde schon, wir müssen diesen Wunsch hören nach einem selbstbestimmten Tod. Ich bin gegen aktive Sterbehilfe, das will ich ganz klar sagen, aber noch einmal fragen, wie wir Menschen besser ermutigen können, ihren eigenen Tod zu bedenken, und dass Patientenverfügungen jetzt mit dem neuen Recht auch wahrgenommen werden. Ich finde, wir sollten das nicht so scharf ablehnen als Evangelische Kirche.

Meurer: Müssen Sie nicht für das Leben stehen?

Käßmann: Natürlich stehe ich für das Leben ein, aber ganz klar und ich habe auch ganz klar eben gesagt, das wiederhole ich noch mal, dass ich absolut gegen aktive Sterbehilfe bin. Aber Menschen zu begleiten auf ihrem Weg ins Sterben, passive Sterbehilfe zu leisten, zu wissen, dass Palliativmedizin, also schmerzlindernde Medizin sehr oft auch dazu führen kann, dass der Tod vorzeitig eintritt, wenn es auf das Sterben schon zugeht, ich finde, wir müssen respektieren, dass Menschen das für sich selbst entscheiden wollen…. “

Vollständig siehe: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/1059711/

Käsmann sorgt für Irriation

Diese Aussage ist in medizin-ethischen und palliativ-fachkundigen Kreisen teils auf Verwunderung gestoßen.  

Oliver Tolmein fragt gar in seinem Kommentar nach einem Kurswechsel in der evangelischen Kirche:

” … Die neue Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), die viel gelobte Frau Käßmann, hat die Worte ihres schweizer Kollegen zum Anlaß genommen, sich auch mit dem Thema Sterbehilfe zu befassen. Schon Ihre Wahrnehmung der Äußerung von Wipf erscheint bemerkenswert. Wir erinnern uns: Wipf hatte sich Gedanken über angeblich Denk-und Frageverbote gemacht. … Und dann denkt die neue EKD-Ratsvorsitzende auf die, schon bekannte, indirekt das Ziel anvisierende und stets ein so habe ich das gar nicht gemeint” parat haltende Art …

… die Evangelische Kirche empfiehlt auch eine Christliche Patientenverfügung” (die meines Erachtens wie alle formularmäßigen Verfügungen ihre Tücken hat). Allerdings hat die Evangelische Kirche in der Vergangenheit eine kritische Position zu dem jetzt Gesetz gewordenen Entwurf  des ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Stünker vertreten … Käßmann will diese Position offenbar relativieren – und möglicherweise noch weiter gehen, wenn sie betont, dass Palliativmedizin sehr oft dazu führen kann, dass der Tod vorzeitig eintritt” und das respektiert werden müsste …

Die Käßmann’sche Position ist irritierend, weil sie zwei Dinge miteinander verknüpft, die nichts miteinander zu tun haben: bewußte Verkürzung des Lebens und palliativmedizinische Behandlung. Wer beides in so engen Zusammenhang miteinander bringt, muss sich fragen (lassen), warum er oder sie das tut – und worum es tatsächlich in erster Linie geht: darum, die Möglichkeiten Leben gezielt zu verkürzen zu stärken oder um die Verbesserung der Möglichkeiten palliativmedizinischer Behandlung. Tatsächlich spricht gegenwärtig nämlich viel dafür, dass eine kunstgerechte palliativmedizinische Behandlung  das Leben eher verlängert, als verkürzt, weil sie den Körper entlastet, die Lebensqualität erhöht und damit auch Kräfte mobilisiert. Definitiv lebensverkürzend sind dagegen Maßnahmen, die mit Palliativmedizin nichts zu tun haben, die man aber auch überwiegend nicht als die von Bischöfin Käßmann abgelehnte “aktive Sterbehilfe” qualifizieren wird:  Abbruch der Sondenernährung bei Wachkoma-Patienten, gezielte – und so nicht indizierte – Überdosierungen von Schmerzmitteln in der Onkologie, Unterlassen von Antibiotikabehandlungen bei Lungenentzündungen dementer Patienten…”

Vollständig:

http://www.kobinet-nachrichten.org/cipp/kobinet/custom/pub/content,lang,1/oid,22290/ticket,g_a_s_t

 


Hinweis auf kostenfreie Veranstaltung der DGHS:

13.11.2009, Freitag
Berlin
Tagung “Demenz und Selbstbestimmungsrecht.
Patientenverfügung als Vorsorgeinstrument?”
Ort und Zeit: Urania Berlin e.V., Kleist-Saal, An der Urania 17, 10787 Berlin-Schöneberg, Beginn 17.00 Uhr mit Verleihung Medienpreis

Es diskutieren:

Prof. Dr. Dieter Birnbacher (Ethiker und Philosoph, Universität Düsseldorf)
Prof. Dr. em. Wolfgang van den Daele (Soziologe)
Rechtsanwalt Wolfgang Putz (Medizinrecht-Experte, Universität München)
Prof. Dr. Bettina Schöne-Seifert (Expertin für Medizinethik, Universität Münster)

Moderation: Dr. Kurt F. Schobert (Geschäftsführer der DGHS)
Zu Beginn des Symposiums verleiht Elke Baezner, Präsidentin der DGHS, den Arthur-Koestler-Preis 2009.
Eintritt frei, Spenden erbeten.