So erreichen Sie uns:
Telefonzentrale 030 206 21 78 - 00
Mo, Di, Do 10–17 Uhr, Fr 10–14 Uhr

So erreichen Sie uns:
Telefonzentrale 030 206 21 78 - 00
Mo, Di, Do 10–17 Uhr, Fr 10–14 Uhr

mail@patientenverfuegung.de

Finden Sie eine_n
Berater_in in Ihrer Nähe

Beitrag

Konfliktfälle auch mit PV des Justizministeriums bei schweren Hirnschädigungen vorprogrammiert

26. Mrz 2017

Die Zentralstelle Patientenverfügung weist wegen zunehmender Konfliktfälle auf Mängel auch offizieller Patientenverfügung-Muster  hin:

Bei den meisten Entscheidungsfälle bei schwerer Gehirnschädigung weisen diese durchaus noch Potential zur Besserung auf. Dies wird  von Ärzten  dann auch zu Recht so mitgeteilt.  Aber auch bei einer (ggf. nur geringfügigen) Besserung ist mit Dauerschädigungen bei bleibender Einwillungsunfähigkeit und (ggf. schwerer) Pflegebedürftigkeit zu rechnen. Dies ist im Modell der STANDARD-Patientenverfügung der Zentralstelle Patientenverfügung, die sich auf die ursprünglichen Textbausteine des Bundesjustiziministeriums bezieht, berücksichtigt worden. Das Modell der Zentralstelle Patientenverfügung ist längst gemäß der Gesetzgebung zu Patientenverfügung (2009) und der entsprechenden Rechtsprechung und Praxiserfahrung erweitert worden.

Es ist ein unausrottbarer, weitverbreiteter Irrtum zu meinen: entweder der Patient mit akuten Gehirnschädigungen würde wieder weitgehend gesund (und bliebe kein Pflegefall) oder aber er bliebe irreversibel bewusstlos und auf künstliche Lebenserhaltung bei Schwerstpflegebedürftigkeit angewiesen. Die weitaus häufigsten Fällen auch ohne die Notwendigkeit künstlicher Beatmung –  liegen irgendwo dazwischen! Dies ist nur in dem aktuellen Modell der Zentralstelle Patientenverfügung mit abgedeckt, wo auch eine zeitliche Begrenzung lebensverlängernder Maßnahmen bei Einwilligungsunfähigkeit vorgesehen ist. Die meisten herkömmlichen Patientenverfügung nach dem Modell des Bundesjustizministeriums und dieses selbst sind eben in Konfliktfällen und den häufigen Zwischenstadien nicht hinreichend präzise.

Wenngleich derzeit von Justizminister Heiko Maas herausgegeben, muss daran erinnert werden, dass die dortigen Textbausteine von einer AG Patientenautonomie am Lebensende formuliert wurden, die von Justizministerin Brigitte Zypries einberufen worden war. Die Broschüre Patientenverfügung des Justizministeriums verdankt seine Autorität dem Bedürfnis nach einem vermeintlich auf der sicheren Seite sein wollen in einem Meer von Verunsicherung nicht aber der Qualität ihrer inzwischen fast 15 Jahre alten Textbausteine. Immerhin fehlt dort bei den zu unterlassenden Maßnahmen jeglicher Hinweis auf operative Eingriffe nur Dialyse und künstliche Beatmung sind genannt. Auch schwere Gehirnschädigungen werden dort noch undifferenziert mit Dauerkoma oder komaähnliche Zuständen gleichgesetzt, wobei ein Aufwachen aus diesem Zustand nicht ganz sicher auszuschließen wäre – siehe S.21 der Broschüre des Justizministeriums.

Der Bundesgerichtshof hatte im Juli 2016 an einem konkreten Fall beschlossen, dass die Formulierung “keine lebenserhaltenden Maßnahmen” in einer Patientenverfügung nicht ausreicht. Die Maßnahmen müssen für jede mögliche Situation konkret benannt werden und der Betroffene konkret formulieren, was er möchte und was eben nicht. Darauf weist die aktuelle Broschüre des Bundesjustizministerium auch hin geändert, konkretisiert oder aktualisiert wurde an ihren Textbausteinen aber kein einziges Wort. Hier ist Misstrauen angezeigt, denn die Auswirkungen auf die Patient/innen scheinen unsere offiziellen Volksvertreter nicht sonderlich zu interessieren (ganz zu schweigen von den sonst keinesfalls so großzügigen Krankenkassen, die aber gern und ungeprüft zahlen, wenn es um die Geschäfte mit der Sterbeverlängerung geht).

Der Textbaustein des Justizministeriums zu Gehirnschädigungen nach Einschätzung zweier erfahrener Ärztinnen und Ärzte (ebd. S. 21) ist jedenfalls in den meisten Fällen zu unpräzise. Völlig unbestimmt bleibt, ob es sich um ein Koma (Bewusstlosigkeit) oder auch um nicht-komatöse schwere Gehirnschädigungen  handelt soll. Über den Zustand, heißt es dort: “dass in solchen Situationen die Fähigkeit zu Empfindungen erhalten sein kann und dass ein Aufwachen aus diesem Zustand nicht ganz sicher auszuschließen, aber unwahrscheinlich ist”. Mit “Aufwachen” kann herkömmlicherweise nur das aus einem Koma gemeint sein, so dass schwerste Gehirnschädigungen mit Tag-/Nachtrhytmus oder möglichem Reagieren auf Reize (oder gar noch Schlucken-Können bei “Fütterung”) eigentlich ausgeschlossen sein dürften. Nichts Genaues weiß man jedoch – Konflikte sind vorprogrammiert.