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Medienkritik geht nicht spurlos an Abgeordneten vorbei

7. Jun 2009

Die zum 18. 5. angekündigte Parlamentsentscheidung zum Patientenverfügungs-Gesetz war – wie berichtet – kurzfristig abgesetzt worden. Wegen Problemen bei den Abstimmungsmodalitäten.

Die Aktion Lebensrecht für Alle ALFA e. V. (welche selbst das Scheitern der Gesetzgebung für wünschenswert hält) schreibt dazu in ihrem Newsletter:

„In den Medien wurde in Kommentaren die Absetzung der Debatte und Abstimmung über eine Patientenverfügungsregelung überwiegend scharf kritisiert. Hauptsächlich wurde den Abgeordneten vorgeworfen, unfähig zu sein, sich ihrer Verantwortung zu stellen. Der Palliativmediziner Gian Domenico Borasio erhob in der FAZ den Vorwurf, ` die Politik versagt vor dem Sterben`, die Süddeutsche Zeitung sprach von `peinlichem Geschacher`, die Financial Times Deutschland erläuterte ausführlich, `wie der vorletzte Wille erstickt wird´…. "

Medien machen Dampf, Patienten-Organisationen mobilisieren 

Das geht auch an Abgeordnete natürlich nicht spurlos vorbei, die bisher das Thema noch gar nicht als solches erkannt hatten. Eine ungeahnte Dynamik ist in die Debatte zum Patientenverfügung-Gesezt gekommen – 10 Tage vor der nun auf den 18. Juni vertagten Abstimmung.
Die Medien machen weiter Dampf. Die BILD-Zeitung will rund um den 18.6. eine tägliche Serie zum Thema bringen. Gesucht werden dazu u. a. Personen, die über verzweifelte Schicksale berichten, in denen eine Patientenverfügung gegenüber Heim oder Klinik nicht durchsetztbar war. Wer sich dazu berufen fühlt, kann sich an die – auf ergreifende Gesundheits-Themen spezialisierte – Journalistin Sarah Majorczyk wenden. (Redaktion BILD Leben & Wissen, Tel: 030 259176-865, sarah.majorczyk@bild.de)

In der Debatte scheinen nicht länger die Unterscheidungslinie zwischen den einzelnen Entwürfen (incl. ihrer Modifikationen durch diverse Änderungsanträge) zu verlaufen. Sondern zwischen denjenigen, die überhaupt ein Gesetz wollen und jenen, die es verhindern wollen. Zu letzteren gehören die Kirchen, der Präsident der Bundesärztekammer, „Lebensschützer" und im Parlament eine Gruppe um den CDU-Abgeordneten Hubert Hüppe (was die Abstimmungsmodalitäten besonders kompliziert macht). Zu den Befürworter zählen jetzt große Wohlfahrts- und Sozialverbände, die sich teils in letzter Minute dazu bekannt haben (wie der DPW).

Und mit einer nach eigenen Angaben stark „in Schwung gekommenen" Kampagne von über 1000 Nutzern täglich ruft die Deutsche Hospizstiftung dazu auf, Abgeordnete anzuschreiben. Dem will sich auch die Zentralstelle Patientenverfügung des Humanistischen Verbandes nicht verschließen. Sie hat hier für diejenigen, die sich noch einmischen möchten, eine Seite zusammengestellt .

Was mit und ohne Patientenverfügung-Gesetz gilt

Richtig ist und bleibt: Rechtliche Klarheit haben wir – v. a. durch den BGH-Beschluss von 2005 – schon jetzt. Allerdings ist in der Öffentlichkeit nicht zuletzt durch die Parlamentsquerelen der (falsche) Eindruck entstanden ist, dass die Verbindlichkeit von Patientenverfügungen heillos umstritten wäre.
Niemand sollte sich vorgaukeln lassen, mit einem Patientenverfügung-Gesetz wären alle Probleme vom Tisch. Mit oder ohne Gesetz bleibt es bei Auslegungs- und Durchsetzungsproblemen, die in der Natur der Sache liegen (prognostische Unsicherheit, zu weit oder zu eng gefasster Patientenverfügung-Verfügungstext, nicht vorhersehbare Situation usw.) In der Praxis müssen mehr Aktivitäten in Gang werden, welche die (vorsorgliche) Selbstbestimmung als Prozess begreifen. Nur so kann die Achtung vor dem Patientenwillen und die Durchsetzung einer klar formulierten Patientenverfügung gewährleisten werden.

Ein Patientenverfügungsgesetzt, welches Überregulierungen vermeidet, ist diesem Anliegen sehr förderlich. Wer sich prinzipiell gegen eine gesetzliche Regelung ausspricht, setzt sich dem nahe liegenden Verdacht aus, das Rad der bestehenden Rechtslage zurückdrehen zu wollen.

(Von Gita Neumann)