Neuer Streit um ärzliche Suizidhilfe – ARD Doku am 18. März
Kaum war das Plädoyer für ärztlich assistierten Suizid des renommierten Medizinrechtlers Prof. Jochen Taupitz im Spiegel veröffentlicht, schon folgte reflexartig eine empörte und energische Zurückweisung der obersten Ärztekammervertreter:
"Wir wollen nicht, dass Ärzte sich an der Tötung von Menschen beteiligen – auch nicht als Gehilfen", sagte BÄK-Vizepräsident Frank-Ulrich Montgomery in Berlin. Er warf dem Juristen Leichtfertigkeit und juristische Selbstgefälligkeit vor.
Taupitz hatte im Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" dafür plädiert, dass Ärzte auch beim Suizid helfen sollten. Menschen mit schweren körperlichen Leiden hätten "gute Gründe, aus dem Leben zu scheiden". Ärzte seien für diese Aufgabe besonders gut qualifiziert. So könne fragwürdigen Sterbehilfe-Geschäftemachern am besten das Wasser abgegraben werden. Aus juristischer Sicht sei ärztliche Suizidhilfe bereits heute ohne weiteres möglich. Der renommierte Mannheimer Jurist ist auch Mitglied des Deutschen Ethikrats und – besonders brisant – Vorstandsmitglied im zentralen Ethikrat der Bundesärztekammer.
Zum Interview mit Prof. Taupitz in spiegel.online:
http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,611957,00.html
Vorankündigung: Dokumentationsfilm in der ARD
Die ARD wird am 18.3.09 (kurz vor Mitternacht) einen sensiblen Dokumentationsfilm „Der Streit um den selbstbestimmten Tod" ausstrahlen. Es handelt sich um eine 45minütige Arbeit der Filmemacherin Liz Wieskerstrauch.
Von engsten Angehörigen und einer Begleiterin des Humanistischen Verbandes nacherzählt wird u. a. die Geschichte von Herrn N. Es handelt sich dabei um den ersten im Deutschen Fernsehen nachgezeichneten Freitod eines Schwerkranken, der wunschgemäß in der eigenen Wohnung in Berlin gestorben ist und dabei nicht allein gelassen wurde. Vielmehr wurde er von zwei anwesenden Personen in den letzten Stunden und Minuten bis zu seinem Tod begleitet. Angefangen hatte es zwei Jahren zuvor bei Herrn N. mit ersten Taubheitsgefühlen in den Gliedmaßen, es folgten langsam zunehmende Lähmungen. Dann die Diagnose: Amyothrophe Lateralsklerose, unheilbar, fortschreitend.
Als er um Suizidhilfe nachsucht, ist Herr N. bereits unfähig sich zu bewegen, zeitweilig auf Beatmung angewiesen. Er nimmt es durchaus gelassen, ist unterhaltsam, geistig rege. Nur: Er meint, es sei jetzt genug. Schließlich geht der Wunsch, mit medikamentöser Hilfe aus dem Leben zu scheiden, bei ihm in die Phase der konkreten Vorbereitung über. Seine Frau ist quasi sein ausführendes Organ, macht alles nach seinen Anweisungen, löst das Rezept mit den tödlich wirkenden Tabletten in der nahe gelegenen Apotheke ein …
All das wird ehrlich erzählt. Den Angehörigen ist für diesen mutigen Schritt, an die Öffentlichkeit zu gehen, herzlich zu danken.
Studie zur Suizidhilfe in Oregon: Sorge um die Zukunft als wichtigstes Motiv
" Portland – Nicht die aktuellen Beschwerden verlassen Krebspatienten im US-Staat Oregon dazu, einen Antrag auf Sterbehilfe zu stellen. Nach einer Studie in den Archives of Internal Medicine (2009; 169(5):489-492) steht die Sorge, dass es ihnen demnächst schlechter gehen und sie die Kontrolle über ihr Handeln verlieren könnte, im Vordergrund.
Oregon war der erste und bis vor kurzem der einzige US-Staat, der terminal kranken Mitbürgern eine aktive Sterbehilfe erlaubte. Nach dem Death with Dignity Act vom 27. Oktober 1997 können sich die Patienten vom Arzt einen tödlichen Wirkstoff verschreiben lassen, den sie sich dann selbst verabreichen.
Dies ist auch in den USA umstritten – und erst am 5. März dieses Jahres hat der Nachbarstaat Washington ein ähnliches Gesetz verabschiedet. …
Tatsächlich zeigen die Ergebnisse von Linda Ganzini, dass nicht die aktuelle Situation ausschlaggebend für den Sterbehilfewunsch ist …"