Pressemitteilung der Medizinrechtlichen Sozietät Putz & Steldinger vom 24.05.2012:
Der Regierungsentwurf für ein neues Patientenrechtegesetz bringt
keinerlei effektive Besserstellung für die Patienten, wenn Ärzte pfuschen und vertuschen. Das aber wäre dringend geboten!
Dass der Regierungsentwurf für ein Patientenrechtegesetz den geschlossenen Applaus der Ärzteschaft bekommt, ergibt sich klar aus der gewollten Intention des neuen Gesetzes, wie sie sich im Gesetzestext und in der offiziellen Begründung widerspiegelt. Danach soll die bestehende Rechtslage in Paragrafen gegossen werden, ohne sie nennenswert zu verändern.
Laut Begründung sollte die Kontinuität zur bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung gewahrt und strukturiert und verständlich ins Gesetz geschrieben werden. Ersteres ist fehlerhaft geschehen, Letzteres gar nicht gelungen. Der Entwurf ist derartig schlecht strukturiert, dass er jedenfalls den erhobenen Anspruch eines Volkslesebuches (Die Patientinnen und Patienten sollen ihre wichtigsten Rechte möglichst selbst im Gesetz nachlesen können.) mit Sicherheit verfehlt. Einige Unklarheiten der Rechtsprechung werden nicht beseitigt sondern übernommen, etwa zum Thema Voll beherrschbares Risiko.
Inhaltlich erfolgt keine wirklich durchgreifende rechtliche Besserstellung der Patienten im Vergleich zur bisherigen Rechtslage. Leere Worte, wie etwa die Pflicht der Ärzte, sich verständlich auszudrücken, bleiben in der Praxis nicht justiziabel.
Dass gerade die Aufklärungspflichtverletzungen selten justiziabel sind, weil sie mit rein praktischen Schachzügen unterlaufen werden können, ist den Verfassern des Entwurfs offensichtlich fremd. Keine einzige neue Beweislastumkehr findet sich im Gesetz. Weder wird zu Gunsten des Patienten konsequent unterstellt, dass ein Patient bei richtiger Aufklärung die Einwilligung zur Behandlung nicht erteilt hätte, noch wird dem Patient beim Versagen von Maschinen oder Geräten mit einer Beweislastumkehr geholfen. Maschinen und Geräte sind nun mal trotz sorgfältiger Bedienung und Wartung nie voll beherrschbar, aber eine aus ihrem Versagen resultierende Schädigung des Patienten sollte aus Billigkeitsgründen zu einer Gefährdungshaftung führen.
Die neue Selbstanzeigepflicht des Arztes nach einem Behandlungsfehler setzt kurioserweise voraus, dass der Patient den Arzt selbst nach dem Fehler fragen muss. Lügt der Arzt nun den Patienten an, so enthält der Gesetzentwurf keinerlei Konsequenzen zugunsten des Patienten geschweige denn zulasten des Arztes. Damit werden Ärzte besser gestellt als Autofahrer, die nach einem Unfall zur Feststellung aller Umstände am Unfallort verweilen müssen, auch wenn sie damit ihre eigene Bestrafung erst ermöglichen. Offensichtlich ist die Ärzteschaft eine bessere Lobby als der ADAC!
Das Verschweigen eines Behandlungsfehlers, der zu gesundheitlichen negativen Konsequenzen für den Patienten führt, ist schon nach derzeitiger Rechtslage eine weitere rechtswidrige Körperverletzung, für die der Arzt strafbar und haftbar ist.
Ferner enthält der Entwurf eine Menge von medizinrechtlichen Ungereimtheiten bis hin zu Fehlern im Vergleich zur Rechtsprechung (die er doch übernehmen will), so dass die Patienten allein deswegen künftig wieder häufiger prozessieren müssen.
Die zentrale und in der Praxis häufigste, einfachste und effektivste Methode, wie Ärzte ihre Patienten um deren Rechte bringen, wird vom Gesetz in keiner Weise zu unterbinden versucht: Die Erstellung falscher Dokumentationen, die Fälschung von Dokumentationen und das Verschwindenlassen von wichtigen Dokumenten ist nach wie vor kein Spezialstraftatbestand geworden. Pfuschen und Vertuschen werden so weiterhin Hand in Hand gehen!
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PUTZ & STELDINGER
Medizinrechtliche Sozietät
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