Rolf Stöckel (MdB) bewundert Mut von Regine Hildebrandt auch zur Sterbehilfe
Rolf Stöckel, MdB (SPD), Betr. Aktive Sterbehilfe/ Stern-Interview Regine Hildebrandt vom 22.02.2001
Als Mitglied des Bundestages und Bundesvorsitzender des Humanistischen Verbandes Deutschlands bewundere ich den Mut Regine Hildebrandts, öffentlich über ihre Krankheit zu sprechen und ich unterstütze ihre Forderung nach einer menschenwürdigen Möglichkeit der aktiven Sterbehilfe in Deutschland, die Missbrauch ausschließt, ausdrücklich.
Die strikte Ablehnung der Bundesjustizministerin Hertha Däubler-Gmelin, das Thema “Aktive Sterbehilfe” neu zu überdenken, bedeutet für viele Schwerstkranke, dass sie mit unmenschlichem Leiden, unter Missachtung ihres ausdrücklichen, persönlichen Willens, letztlich ohne Hilfe bleiben. Es bedeutet auch, dass Ärzte und Angehörige in bestimmten Fällen weiter in einer Grauzone der Rechtsunsicherheit handeln werden.
Diese Grauzone beschreibt Däubler-Gmelin selbst, wenn sie sagt, “es sei zwar ärztliche Pflicht, Patienten schmerzfrei zu stellen, auch wenn sie wüssten, dass dies Leben verkürze”, dagegen aber “kein Recht bestünde, eine Giftspritze zu nehmen und Leben zu beenden.”
Einer rechtstaatlichen und pluralistischen Gesellschaft würdig wäre eine verantwortungsbewusste Diskussion in Öffentlichkeit, Ethikräten und Parlamenten über legale Sterbehilfe als “ultima ratio”, d. h. Straffreiheit in Einzelfällen mit klaren, überprüfbaren Regeln.
Die niederländische Regelung muss nicht so in Deutschland übernommen werden. Sie zu verteufeln und sich über unsere zivilisierten, demokratischen Nachbarn derart moralisch zu erhöhen, halte ich allerdings für bedenklich. Die Tabuisierung des Themas aufgrund der Nazi-Verbrechen in Deutschland festzuschreiben, halte ich für falsch, weil sie für einzelne Patienten inhumane und unbarmherzige Folgen hat.
Mit vielen Bürgern und Fachleuten, darunter Christen und Humanisten, bin ich einig, dass eine optimale Schmerztherapie in der Palliativmedizin und eine menschenwürdige Sterbebegleitung unter Respektierung des individuellen Patientenwillens auch weiterhin im Mittelpunkt unser aller Bemühungen stehen müssen.