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Straf- und zivilrechtliche Aspekte – Verbindlichkeit einer hinreichend konkreten PV

5. Aug 2008

Bundesgerichthof-Beschluss vom 6. Juli 2016 im Original

Der am 8. August veröffentlichte Beschluss besagt, dass eine Patientenverfügung nicht umgesetzt werden muss, wenn es an hinreichender Konkretheit ihrer Bestimmungen fehlt. Nur “lebensverlängernde Maßnahmen” abzulehnen, reicht demnach nicht aus.

Bundesgerichthof-Beschluss von 2014

Für den Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen bei schwerkranken Patienten kann deren mutmaßlicher Sterbewunsch ausreichen. Der Bundesgerichtshof entschied, dass der Abbruch lebensverlängernder Maßnahmen auch ohne Patientenverfügung möglich ist – allerdings nur unter bestimmten Bedinungen: bgh-urteil-passive-sterbehilfe100.html

 

Frühere Äußerungen sind maßgeblich

Gesetzliche Regelung zur Patiententenverfügung (Zivilrecht) von 2009

Mit absoluter Mehrheit von 317 Stimmen hat der deutsche Bundestag am 18.06.2009 ein Gesetz zur Verbindlichkeit von Patienten­verfügungen im Zivilrecht (3. Betreuungsänderungsgesetz als Teil des BGB) verankert. Es ist am 1. September 2009 in Kraft getreten.

Danach muss eine Patientenverfügung schriftlich sein. Aber auch der mündlich geäußert Wille ist zu berücksichtigen, dabei kommt es zudem darauf an, ob eine medizinische Indikation überhaupt noch besteht.

Formvorschriften wie etwa Handschriftlichkeit oder notarielle Be­ur­kundung spielen für die klinische Wirksamkeit einer Patientenverfügung keine Rolle.

Hier im Wortlaut: Patientenverfügungs-Gesetz von 2009  (vier Seiten)   

  

            Cover des Filmes “Notausgang”       

 

Selbstverständlich war es auch vorher möglich, in einer Patientenverfügung seinen vorsorglichen Willen zu erklären. Was persönliche Vorstellungen zu medizinischen Behandlungen sind, hängt ja nicht vom Gesetzgeber ab.

Das Gesetz normiert weitgehend die vorher bestehende Rechtslage. Auch danach war eine qualifiziert abgefasste Patientenverfügung für Ärzte verbindlich. Allerdings wurde gelegentlich in Zweifel gezogen, ob ein Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen auch dann gelten würde, wenn noch (gute) Chancen Aussichten auf Besserung bestünden.

Eine solche Reichweitenbeschränkung von Patientenverfügungen etwa nur auf aussichtslose Situationen oder ein irreversibles Koma gibt es jetzt definiv nicht mehr. Eine hinreichend konkrete Patientenverfügung gilt verbindlich unabhängig von Art ode Stadium einer Erkrankung – das stellt das Gesetz ausdrücklich klar. Es bezieht sich zudem auf das Vorgehen, wie und durch wen später der Patientenwille zur Geltung gebracht werden soll: Durch den Patientenvertreter (Bevollmächtigter oder Betreuer).

Nur wenn zwischen Patientenvertreter und Arzt keine Einigkeit darüber herzustellen ist, wie die Patientenverfügung zu interpretieren ist, muss das Betreuungsgericht wegen eines Behandlungsabbruchs hinzugezogen werden.l

Bei der Abfassung einer Patientenverfügung galt, gilt und wird weiterhin gelten: Je medizinisch qualifizierter und praxistauglicher, desto ver­bind­licher. 

Wichtig bleibt dabei, dass die Weichen von Anfang an richtig gestellt werden  dazu ist der Dialog mit allen Beteiligten sinnvoll. 

Es kommt bei der verbindlichen Befolgung auf die konkreten Vorgaben an, wozu auch der Gesetzgeber eine medizinisch-fachkundige Beratung dringend empfiehlt. Sollte jemand dennoch lieber einen Rechtsanwalt damit betrauen wollen, ist darauf zu achten, dass dieser medizinische Fachkenntnisse selbst vorhält oder zusätzlich einholt.

Siehe auch Ausführungen (2010) der Bundesärztekammer zur Verbindlichkeit von Patientenverfügung aufgrund des neuen Gesetzes

 

Klarstellung des Bundesgerichtshofs (Strafrecht) vom 25. Juni 2010 in Revisionsverfahren gegen RA Wolfgang Putz:

… hat der BGH entschieden, dass Sterbehilfe straflos bleibt, wenn der Behandlungsabbruch dem Willen des Patienten entspricht. Gibt es diesen feststellbaren Patientenwillen und sind sich Arzt und Betreuer einig, muss kein Gericht eingeschaltet werden. Mehr noch: Die Sterbephase muss nicht einmal begonnen haben. Auch bei einem Koma, das sich möglicherweise noch Jahre hinzieht, darf die künstliche Ernährung eingestellt werden.

Auch die oft irreführende Unterscheidung zwischen “aktiver” und “passiver” Sterbehilfe ist passé. Die Vorsitzende Richterin Ruth Rissing-van Saan verwies in der mündlichen Begründung darauf, dass aktives Tun und passives Unterlassen sich in der Praxis mischen und es “von Zufällen abhängt”, wie die Behandlung abgebrochen wird. Hängt man keinen neuen Flüssigkeitsbeutel auf, wäre das nach alter Unterscheidung passives Unterlassen, dreht man den Hahn für die Flüssigkeitszufuhr ab, verbotenes aktives Tun. Der BGH bildete den Überbegriff “Behandlungsabbruch” – dieser ist erlaubt, wenn der Patient verfügt hat, dass er unter bestimmten Bedingungen keine lebensverlängernden Maßnahmen will.”

Quelle: www.fr-online.de/BGH-erlaubt-Behandlungsabbruch-Mehr-Klarheit-bei-Sterbehilfe

 

Siehe auch:  www.anwalt.de/rechtstipps/abbruch-lebenserhaltender-behandlung

 

RA Wolfgang Putz (siehe Foto) hat nach dem Urteil angekündigt, nunmehr auch in die Offensive zu gehen: Er will gegen Pflegeheime und andere Einrichtungen, die unzulässige künstliche (Zwangs-)Ernährungen vornehmen, auch nach dem Tod des Patienten  Schmerzensgeld und Schadensersatz einklagen. Siehe hier anläßlich der Bayerischen Hospiztage vom Juli 2010. Putz ist Lehrbeauftragter an der Ludwig-Maximilians-Universität München für Medizinrecht und Medizinethik. Er gehört zu den Experten, die das Beratungsteam der Zentralstelle Patientenverfügung untersützten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Fortbildungsvideo: Muss immer der Notarzt gerufen werden?

 

Veranstaltung des HVD vom 19. November 2009 mit Jörg Rehmsmeier

Rechtsanwalt Jörg Rehmsmeier


 

Das BGH-Urteil vom 25. Juni 2010 hat nur eindrucksvoll bestätigt, was straf- bzw. arztrechtlich immer schon als Grundsatz galt:

Jede medizinische Maßnahmen (wenn sie begonnen oder auch wenn sie fortgesetzt wird) bedarf der Einwilligung des betroffenen Patienten bzw. seines rechtlichen Vertreters (Bevollmähtiger oder Betreuer). Jede Heil­behandlung und jeder Eingriff gegen den Willen des Patienten bzw. seines rechtlichen Vertreters stellt sich juristisch als Eingriff in die körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz dar und kann laut § 223 Straf­gesetz­buch den Tatbestand der Körperverletzung erfüllen.

Deshalb müssen Ärzte – mit Ausnahme unmittelbar notwendiger Rettungsmaßnahmen – beim einsichtsunfähigen Patienten sich nach einer Vorsorgeregelung (Gesundheitsvollmacht und/oder Patientenverfügung) erkundigen. Werden Sie dabei nicht fündig, müssen sie im eigenen Interesse per Schnellverfahren das Betreuungsgericht anrufen, welches dann einen (ggf. fremden Berufs-)Betreuer bestellt. In der Eile bleiben dabei manchmal Angehörige unberücksichtigt, auch wenn sie geeignet und bereit zur Übernahme der Betreuung wären.

Sie sollten deshalb mindestens ein entspechendes Hinweiskärtchen immer bei sich führen. Darüberhinaus gibt es die Möglichkeit der Hinterlegung Ihrer Patientenverfügung und/oder der Registrierung einer Vorsorgevollmacht bei der Bundesnotarkammer.