Tatverdacht: Mit überdosierter Morphiumpumpe Schwerstkranke getötet
Quelle: Münchener Merkur vom 06.05.2005:
Eine als qualifiziert geltende stellvertretende Stationsleiterin eines Klinikums in Bayern hat möglicherweise über Jahre schwerstkranke Patienten mit Überdosen von Morphium getötet. Sie selbst bestreitet eine Tötungsabsicht, sie hätte nur Leiden lindern wollen über die ärztlich verordnete Morphium-Dosis hinaus. In den Büchern hatte sie jede Entnahme des Morphiums korrekt dokumentiert.
“Weitere Morphium-Opfer? Straubinger Ermittler untersuchen derzeit sieben Todesfälle
Straubing (mm/lby) Die unter Tötungsverdacht festgenommene Krankenschwester vom Straubinger St. Elisabeth-Krankenhaus hat möglicherweise über Jahre hinweg Patienten mit Morphium vergiftet. Derzeit würden sieben Todesfälle seit dem Sommer 2004 untersucht, sagte Oberstaatsanwalt Klaus-Dieter Fiedler. “Wir werden aber nicht nur diese Fälle überprüfen”, sagte er. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Frau auch früher schon die Arzneimittelabgabe manipuliert habe.
Die 48-jährige sitzt wegen Totschlagsverdachts in mindestens zwei Fällen seit Dienstag in Untersuchungshaft. Die Kriminalpolizei hat zur Aufklärung des Falles eine 15-köpfige Sonderkommission eingerichtet. Die Beamten wollen zunächst die Todesursachen von vier Männern und drei Frauen im Alter von 58 bis 94 Jahren genau untersuchen.
“In zwei Fällen haben wir einen starken Tatverdacht”, erklärte der Oberstaatsanwalt. Es sei unklar, wie viele Kranke durch das Handeln der Schwester gestorben seien. Die Frau hat in den ersten Vernehmungen eingeräumt, eigenhändig und ohne ärztlichen Auftrag Überdosen an Morphin verabreicht zu haben.
Die Ermittler wollen noch in dieser Woche die Leichen mehrerer Patienten exhumieren.
Die Frau aus dem Landkreis Straubing-Bogen war am Montag festgenommen worden, nachdem bei internen Kontrollen des Krankenhauses festgestellt wurde, dass an schwer kranke Patienten mehr Morphium als ärztlich angeordnet verabreicht worden war. Die Frau gab die Überdosierung bei mehreren Patienten zu. “Sie hat gesagt, sie wollte das Leiden der Patienten lindern”, erklärte Fiedler. Eine Tötungsabsicht habe die Pflegerin, die seit mehr als 20 Jahren in der Straubinger Klinik St. Elisabeth beschäftigt ist, aber bestritten.
Die Krankenhausleitung hatte Verdacht geschöpft, als sich Mitte April der Sohn eines im Krankenhaus gestorbenen 80-jährigen beschwerte, dass die Schmerzmittelpumpe bei seinem toten Vater noch eingeschaltet war. Daraufhin startete das Krankenhaus eine umfangreiche Überprüfung. Am Montag schaltete die Klinik schließlich die Staatsanwaltschaft ein.
Die Frau hatte als stellvertretende Stationsleiterin Zugriff auf die Schmerzmittel. In den Büchern des Krankenhauses hatte sie jede Entnahme des Morphiums korrekt dokumentiert. Die Menge des über die Verschreibung der Mediziner hinaus entnommenen Ampullen sei nicht auffällig gewesen, so die Geschäftsführerin des Klinikums, Maria Stelzl.
Bei den schwer kranken Patienten soll die Frau dann die vollautomatische Medikamentenpumpe manipuliert haben. Dadurch bekamen die Kranken größere Mengen Morphium injiziert als geplant. Eine einzige Ampulle Morphium kann nach Angaben der Klinik bei zu schneller Gabe tödlich wirken. Die 48-jährige ist nach Angaben des Krankenhauses in den vergangenen Jahrzehnten nie aufgefallen. Sie gilt als sehr qualifiziert.