Überprüfung von Patientenverfügungen von Ärzt_innen gefordert
Ärzte fordern eine kritische Überprüfung von Patientenverfügungen. Anlass ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs zum unzureichenden Inhalt einer Vorausverfügung. Es steht im Zusammenhang mit dem Schicksal einer Seniorin, die trotz ihrer Patientenverfügung bisher nicht sterben durfte. Die Bürger_innen sind verunsichert, wie detailliert Festlegungen sein müssen.
Die am 13. Dezember 2018 veröffentlichte zivilrechtliche Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) zu unzureichenden Patientenverfügungen könnte sich auf unzählige andere Fälle auswirken.
Als Voraussetzung für einen Behandlungsverzicht lässt sich ein irreversibler Bewusstseinsverlustes oder auch ein bevorstehender Sterbeprozess aus ärztlicher Sicht nur schwer vorab diagnostizieren. Auch aus Sicht der BGH-Richter_innen kann der Verfügende nicht alles voraussehen, was im Einzelnen später auf ihn zukommen kann. Die gesetzliche Vorschrift zur Wirksamkeit einer Patientenverfügung aus dem Jahr 2009 muss etliche medizinische Fragen offen lassen. Es können, so die Richter_innen, nicht zu hohe Maßstäbe angesetzt werden, um jede Eventualität zu berücksichtigen. Dabei gibt es aber erheblich Qualitätsunterschiede bei den angebotenen Mustern und Modellen, je nachdem, wie standardisiert oder optimiert individuell diese abgefasst sind.
Ärzte fordern Bevölkerung zur Überprüfung von Dokumenten auf
Intensivmediziner rufen angesichts der Verunsicherung, die das BGH-Urteil hervorruft, die Bevölkerung dazu auf, im neuen Jahr ihre Patientenverfügungen kritisch zu prüfen und sich mit dem Inhalt auch bereits bestehender Verfügungen auseinanderzusetzen – zusammen mit ausgewiesenen Beratungsstellen oder einzelnen Expert_innen. Die Ärzte vermuten, dass es in den meisten Familien noch Vorsorgeunterlagen zum Lebensende gibt, die medizinisch nicht konkret genug formuliert sind, erklärte Prof. Gernot Marx von der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin. Das könne im Fall des Falles für alle Beteiligten zu unwürdigen und nervenaufreibenden Situationen am Krankenbett führen.
Professioneller Rat sinnvoll
Vorlagen und Fragebögen zur Abfassung von Patientenverfügungen haben sich inzwischen immer stärker optimiert. Ein Beispiel für jahrelange Verbesserungen ist das Konzept der individuell maßgeschneiderten sogenannten Optimalen Patientenverfügung des Humanistischen Verbandes Deutschlands. Aber auch das ursprüngliche Modell des Bundesministeriums der Justiz, die sogenannte Standard-Patientenverfügung, wurde mittlerweile sehr verfeinert. Als großes Kommunikationsproblem geblieben ist der Umstand, dass die Unterschiede zwischen den Modellen (Qualität, Zeitaufwand bei der Erstellung, Preisunterschiede zwischen ca. 35 und 140 Euro) potentiellen Nutzer_innen nicht hinreichend vermittelt werden, so dass sich diese womöglich gar nicht entscheiden können und lieber abwenden.
Dringend vonnöten ist eine ergebnisoffene Beratung zur zentralen Frage, welches Modell jeweils am besten geeignet ist, ob Betroffene vor allem auf ihre hoch qualitative Patientenverfügung vertrauen möchten oder – wie bei erheblich preiswerteren Standard-Varianten erforderlich – auch auf bevollmächtigte Vertrauenspersonen setzen möchten. In eigenen Worten formulierte Zusätze – ggf. auf einem Extrablatt – sind unbedingt zu empfehlen. Sinnvoll ist sicher, sich professionellen Rat zu holen, etwa bei der in Berlin ansässigen Zentralstelle Patientenverfügung unter der bundesweiten Telefonnummer 030 206 21 78 – 00. Darüber hinaus bieten einige Landesverbände des Humanistischen Verbandes Materialien und Beratung an: in Niedersachsen unter Tel. 0511 16 76 91 60, in Nordrhein-Westfalen unter Tel. 0231 52 72 48, in Hessen unter 069 34 87 88 90 und in Baden-Württemberg unter Tel. 0711 64 93 780.